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Die projektgetriebene Organisation – Probleme in der Kommunikation

Eike Eilks, Interim Manager, Berater und Coach

Indikation für Probleme

Projekte sind einzigartig. Es wird also ein immer neues, noch nie da gewesenes Produkt, ein neuer Service oder eine Fähigkeit für das Unternehmen und/oder den Kunden entwickelt.

Neu bedeutet, es gibt Unsicherheiten. Die Entwicklung des Projektes ist also über dessen gesamte Laufzeit schwer vorhersagbar. Um trotzdem steuern zu können sind Mechanismen erforderlich, mit denen zu jedem Zeitpunkt sowohl Erfolge, als auch Risiken und neue Notwendigkeiten des Projektes erkannt werden können. Nur auf einer solchen Basis ist es möglich die verfügbaren Ressourcen für die nächsten Schritte im Projekt optimal einzusetzen.

Probleme in der Kommunikation

Wertschöpfung

In Projekten wird die Wertschöpfung im Schwerpunkt von Menschen in Form von intellektueller und kreativer Arbeit erbracht. Mechanisierung und Automatisierung spielen dabei eine untergeordnete Rolle, auch wenn wir heute im Bereich solcher Tätigkeiten mehr und mehr auf unterstützende Tools zurückgreifen. Wo aber Menschen in dieser Form zusammen arbeiten spielen Kommunikation und Informationsaustausch eine wesentliche Rolle. Wenn die Zusammenarbeit unter der Existenz von Unsicherheiten stattfindet gilt dieses umso mehr.

Kommunikationsflüsse

Im Gegensatz zu klassisch-funktionalen Strukturen, wie in einer repitiven Fertigung, in denen auch der Informationsfluss organisiert, gesteuert und reglementiert wird, benötigt die Zusammenarbeit im von Unsicherheiten geprägtem Umfeld eine situative Kommunikation, die von intrinsischen Initiativen getrieben wird. Ein Beispiel: In einem von mir unterstützten Unternehmen fand ich ein ca. 60 Mitarbeiter starkes Projektteam vor. Geleitet wurde dieses von einem gut ausgebildeten Projektleiter und seinem Stellvertreter sowie von 5 Teilprojektleitern. Das Team war vordergründig gut organisiert und die Mitarbeiter sehr engagiert. Dennoch kam es immer wieder zu Verzögerungen und Fehlentwicklungen. Die Ursachen waren vielfältig. Unter anderem hatte man auch Teile der Kommunikation „organisiert“.  So erfolgte in 14-tägigen Abständen ein zweistündiges Projektleitungs-Jour-Fixes. Nach der Begrüßung und einigen Worten zur Gesamtlage durch den PL berichteten die TPL aus ihren Verantwortungsbereichen. Nach ca. 1,5 Stunden waren diese Berichte „durch“, erste Anzeichen von „Besprechungsnarkolepsie“ hatten bereits eingesetzt. In einer zweiten Runde wurden die TPL aufgefordert, Bedürfnisse ihres Verantwortungsbereiches an die anwesenden Kollegen zu artikulieren. Diese wurden zur Kenntnis genommen und erfasst.  Eine Diskussion fand aufgrund der knappen Zeit jedoch nicht statt, Entscheidungen wurden nicht getroffen Das Meeting endete pünktlich. Aufgrund dieser Struktur wurden viele Informationen erst weitergegeben, sobald das Jour-Fixe stattfand, dieses bedeutete im schlechtesten Fall einen Verzug von bis zu zwei Wochen.  Auf der anderen Seite waren einige Informationen schon einigen Anwesenden vorab bekannt, so dass sich diese mit anderen Themen beschäftigten und so neue Informationen zum Teil verpassten. Aufgrund des geringen Nutzens bedeuteten diese Meetings in Summe einen Verlust von rund 5000€ monatlich. Nicht der Takt geplanter Meetings darf relevant für den Zeitpunkt der Weitergabe von Informationen sein, sondern bereits das Eintreten von Ereignissen oder das Aufkommen von Erkenntnissen muss der Trigger sein, um die Informationen fließen zu lassen und ggf. Entscheidungen zu treffen. Um Entscheidungen aber treffen zu können, sind Freiheitsgrade, Vertrauen und Mut notwendig. Klassische historisch gewachsene Organisationsstrukturen sind für diese Art des Arbeitens meist nicht geschaffen. Wenn in solchen Strukturen Informationen zu einem jeden Zeitpunkt fließen und Entscheidungen schnell getroffen werden, ohne dass diese vorher vielfältig abgesichert werden, entstehen meist Quellen für interne Konflikte. Dabei sind vielfältig abgesicherte Entscheidungen meist keine Entscheidungen mehr, sondern eine Manifestierung von Zurückhaltung auf Basis von Ängsten.

Indikationen

Wirkung in die richtige Richtung ?

Ein erster Blick auf den Fokus der Projektabwicklung und den Arbeitsalltag der Projektleiter offenbart oft schon wesentliches. Wohin ist das Wirken des Projektleiters ausgerichtet, wofür wendet er den größten Teil seiner persönlichen Ressourcen auf? Wenn das Wirken des Projektleiters zum größeren Teil auf das eigene Management hin ausgerichtet ist, (z.B. um seine Entscheidungen umsetzen zu dürfen oder um den Informationsbedarf des Managements zu befriedigen) anstatt sich überwiegend mit der Wertschöpfung, dem Projektteam und dem Kunden zu beschäftigen, dann liegt es auf der Hand, dass die bestehenden Strukturen die Projekte behindern, anstatt sie zu unterstützen.

Symptome

Solche strukturellen Probleme lösen Symptome aus. Diese treten häufig auf, sind wiederkehrend und meist leicht erkennbar. Jedoch werden diese oft als Teil der Kultur und des Umfeldes als unveränderlich hingenommen. Typisch sind:
  • häufige mangelhafte Auftragsklärung mit dem Kunden in der Vertriebsphase,
  • unrealistische, meist aber vertraglich zugesicherte Zusagen,
  • Ressourcenkonflikte der Projekte mit den Fachabteilungen,
  • fehlende Autorität des Projektmanagers und dessen Unterstützung durch das Management,
  • lokaler anstatt abteilungsübergreifender, also gesamtbetrieblicher Optimierung von Abläufen, Ressourcenplanungen
  • Vorgaben von Budgets und Margen ohne Einbindung der Projektmitarbeiter
  • Vollständige Delegation von Risiken und Verantwortung an das Projekt
  • mehrfache, redundante, unwirtschaftliche Bearbeitung gleicher Aufgaben in vielen Projekten
  • unzuverlässige Steuerung von Zulieferern und eigenem Projektpersonal
  • und immer wieder Projekte in Krisensituationen,
    • die sich erheblich verspäten
    • die eklatante Kostenüberschreitungen aufweisen
    • die nicht abwehrbare Pönalen verursachen
    • oder die sogar ganz abgebrochen werden

Zusammenfassung und Ausblick

Zum Abschluss dieses Beitrages fasse ich noch einmal die Inhalte der bisherigen Teile dieser dieser Serie zusammen:

  1. im ersten Teil dieser Serie haben wir über die Unterschiede zwischen produktorientiertem und projektgetriebenem Geschäft gesprochen,
  2. im zweiten Teil haben wir nach den Kriterien geschaut, an denen projektgetriebenes Geschäft erkennbar ist,
  3. im dritten Teil betrachteten wir die grundsätzliche Rolle klassischer Organisationen im Projektgeschäft
  4. und haben in diesem vierten Teil diese Strukturen hinsichtlich der Kommunikation noch einmal vertieft betrachtet.
  5. Im nächsten Teil möchte ich darauf aufsetzend diskutieren, wie eine Organisation aufgestellt sein muss, die projektgetriebenes Geschäft unterstützt und welche Branchen dieses besonders betrifft.
Ich freue mich auf die Diskussion mit Ihnen.

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