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Die projektgetriebene Organisation – Probleme durch die Unternehmensstruktur

Eike Eilks, Interim Manager, Berater und Coach

Der perfekte Prozess für das Projekt

Wie sieht nun der perfekte Abwicklungsprozess für Projekte aus? Da Projekte per Definition einmalig sind ist diese Frage nicht eindeutig zu beantworten. Eine allgemeingültige Projektmanagementmethodik oder ein allgemeingültiger Prozess können also per se nicht festgelegt werden

Jedoch gibt es typische Kriterien und Merkmale, nach denen sich Projekte und Projektphasen in Gruppen einordnen lassen.

Für jede dieser Gruppen haben sich bestimmte Methoden und Prozesse durchgesetzt, die ein erfolgreiches Abwickeln diese Projekte fördern.

Jedoch ist es durch Veränderungen an den Märkten, in der Technologie und in den Managementwerkzeugen immer wieder erforderlich, diese Methoden und Prozesse zu überprüfen und weiterzuentwickeln.

 

Die Rolle der Organisation

Um diesem Erfordernis nachzukommen muss das Unternehmen eine Organisation aufweisen, dass dieses zulässt und fördert. Solche Organisationen zeichnen sich durch ihre Lernfähigkeit aus. Sie erkennen Optimierungsmöglichkeiten und experimentieren bei Problemen. Erfolgreiche Optimierungen fließen automatisch in das Prozesshaus des Unternehmens ein.

Eine gut aufgestellte Projektorganisation arbeitet faktisch immer auf zwei Projektebenen zeitgleich: Zum einem an dem in der Abwicklung befindlichen Projekt und dessen Probleme, zum anderen an der eigenen Selbstoptimierung.

Hindernisse

Die Mehrzahl unserer Unternehmen sind in historisch gewachsenen Organisationsstrukturen organisiert. Diese sind häufig aus klassischen Linienstrukturen weiterentwickelte Matrixstrukturen, die zu ihrer eigenen Erhaltung eine stabilisierende Kultur auf Basis von Regeln benötigen, um zu funktionieren. Das gilt für viele Unternehmen des ersten Quadranten, die Ihre Wertschöpfung überwiegend in Projekten generieren ( Siehe Blog vom 15.12.20: Woran erkenne ich ein projektgetriebenes Geschäft ? ).

Eine typische Struktur dieser Unternehmen ist eine an die Produktionsorganisation angelehnte Linienorganisation mit mehreren Führungsebenen.

Verantwortlichkeiten sind in Funktionen zergliedert (z.B. Einkauf, Personal, Finanzen, Qualität, Vertrieb…), die unabhängig disziplinar geführt werden und unabhängige Zielvorgaben, sowie eine meist unabhängige Erfolgsbeurteilung haben.

Die Abwicklung der Projekte erfolgt in einer quer zu dieser Linienstruktur liegenden, vermeintlich unabhängigen Projektorganisation. Dazu werden formal aus den Linien Mitarbeiter für die einzelnen Projektphasen in das Projekt nach Bedarf hineindisponiert, also eine unternehmensinterne Form der temporären Mitarbeiterüberlassung.

In der Realität werden den Mitarbeitern und den Projekten jedoch seitens der Funktionsverantwortlichen aus der Linie Vorgaben gemacht, wie, wann, in welchem Umfang und wozu die Fähigkeiten der Mitarbeiter zu nutzen sind.
So besteht z.B. die Mitarbeit eines kaufmännischen Projektcontrollers in erster Linie in der Überwachung der kommerziellen Zahlen des Projektes zur Information der kaufmännischen Leitung, nicht aber in der kreativen Mitgestaltung der Zahlungsflüsse. Und steht z.B. ein Quartalsabschluss an, so wird diesem gegenüber zeitgleichen Claimverhandlungen mit dem Kunden Priorität eingeräumt, unabhängig davon, ob dem Projekt damit in den Verhandlungen ggfs. eine wesentliche fachlicher Unterstützung verloren geht.

Nicht das Projekt hat die Hohheit über die für das Projekt notwendigen und richtigen Guidelines und Strukturen, sondern die nach ganz anderen individuellen Zielvorgaben agierenden Funktionsbereiche, die dazu meist noch unabhängigen Zielen folgen.

Der disponierte Mitarbeiter fühlt sich in erster Linie seinem disziplinaren Vorgesetzen verpflichtet und erst in zweiter Linie dem verantwortlichen Projektleiter.

Solche Strukturen behindern die in Projekten notwendige Flexibilität erheblich, insbesondere reduzieren sie aber die Fähigkeit des Projektes sich selbst zu optimieren und Erfahrungen, Probleme und Lösungen in Form „Lessons-Learned“ an nachfolgende Projekte weiterzugeben.

Der wirtschaftliche Erfolg der Projekte wird also, wenn überhaupt, unter erschwerten Bedingungen erreicht und entsprechend geringer ausfallen. Mittel- und Langfristig hat dieses Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens. Ergebnis, das in dieser Form verhindert wird, fehlt als Rücklage für andere Projekte.

Damit lässt sich in solchen Strukturen auch die Ursache der häufigen Wiederkehr ähnlicher  Probleme  finden und in Folge die Ursache für die den oft zu hohen Anteil der Projekte, die sich zu Krisenprojekte entwickeln.

Ein Beispiel:

In einem meiner Mandate betreute ich ein Projekt, in dem es zu großen Schwierigkeiten in der Abwicklung gekommen ist, die niemand erklären konnte. Scheinbar folgte man Vorgaben, jedoch kannte niemand den aktuellen Stand der Arbeiten, noch war der Umfang der notwendigen Arbeiten vollständig abgeschätzt. Begründungen hierfür gab es viele.

Nachdem auf meine Initiative hin mit zusätzlichem Aufwand der Istzustand in etwa beurteilt und die Abschätzung der noch notwendigen ausstehenden Arbeiten vervollständigt werden konnte, konnte das Projekt vorübergehend in eine steuerbare Form der Abwicklung überführt werden. Mit Erreichen dieses Zustandes ebbte jedoch das Interesse an diesen Arbeiten ab.

Vorschlägen meinerseits, die Modalitäten der Abwicklung grundsätzlich zu verändern, wurde viel Zustimmung entgegengebracht, jedoch hätten diese bedeutet, grundsätzliche strukturelle Veränderungen einzuführen. Die Ansätze dazu wurden zwar mit viel Engagement diskutiert, jedoch passten sie nicht in die überkommenen Strukturen und wurden im Rahmen der Diskussionen so stark verändert, dass sie zwar passten, jedoch ihren Zweck nicht mehr erfüllten.

Ein parallel akquiriertes neues Projekt wurde daher nach den bisherigen Vorstellungen aufgesetzt, womit sich in diesem nach kurzer Zeit vergleichbare Probleme entwickelten.

 
 

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