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Was zeichnet agile Unternehmen aus

Eike Eilks, Interim Manager, Berater und Coach

Was zeichnet eigentlich agile Unternehmen aus?

In Zeiten, in denen die einzige beständige Größe der Wandel ist, sind Organisationen einem ständigen Druck ausgesetzt, sich diesem Wandel anzupassen. Das ist Stress pur für die Organisationen, deren Führungskräfte und deren Mitarbeiter. Oft tritt der Aufwand für den Betrieb des Kerngeschäftes hinter dem Anpassungsaufwand zurück.

Wie gehen wir damit um?

Klassische Unternehmen versuchen mit ihren Strukturen durch diese Veränderungen hindurch zu kommen. Veränderungen von außen werden zunächst als temporär betrachtet, es gilt zu überleben, danach wird alles wieder besser. Erst wenn der Veränderungsdruck sehr groß wird und das Überleben oder zumindest der wirtschaftliche Erfolg gefährdet erscheinen, werden von entsprechenden „Fachleuten“ Maßnahmen eingeleitet und eine neue Organisationsform entwickelt, gestaltet und eingeführt.

Und die Folge?

Da die Mitarbeiter die Umorganisationen zwar erwarten, in ihre Gestaltung aber nicht eingebunden waren, wird diese als disruptiv empfunden und löst zunächst Widerstände aus. Um diese Widerstände zu überwinden ist neben vielen entsprechenden Maßnahmen auch Zeit erforderlich.

Leider wirken in diesen Zeiträumen schon die nächsten Veränderungen von außen auf das Unternehmen ein.

Bevor also die neue Organisation wirksam wird, steht sie schon wieder zur Disposition und müßte ersetzt werden. Dem Anspruch, eine neue stabile und funktionierende Basis zu bilden, wird sie also im Regelfall nicht gerecht.

Wie können Unternehmen dem entgehen?

Unternehmen, die dieses erleben und das Dilemma verstehen, suchen neue Lösungen und fangen evtl. an ihr Selbstverständnis zu verändern. Sie lernen, den stetigen Wandel zu akzeptieren und lernen diesen Wandel als feste Grösse zu erleben, der damit Bestandteil ihrer Routine wird.

Ist diese Veränderung im Selbstverständnis erfolgreich, lernen Sie, auf aufkeimende Veränderungen automatisch und sofort mit kleinen Veränderungen zu reagieren und sich daraus ergebende Chancen wahrzunehmen. Damit reduziert sich der Stress, der in vielen Unternehmen temporär zu Lähmungen führte.

Der Wandel in Form von diskreten großen Veränderungen, wie Umorganisationen, wird ersetzt durch eine beliebige Anzahl kleiner, quasi kontinuierlicher Veränderungen.

 

Was ist dazu erforderlich?

Ein Unternehmen wird nicht dadurch agil, dass es möglichst viele agile Ansätze und Methoden umsetzt. Agilität bedeutet das Selbstverständnis zu entwickeln, die eigene aktuell bestehende Unternehmenskultur als einen temporären Zustand in einem kontinuierlichen Change-Prozess zu verstehen.

Aber auch agile Unternehmen brauchen Strukturen und Visionen. Veränderungen sind nur dann hilfreich, wenn alle wissen, wohin es gehen soll und die Mehrheit mit der Richtung und dem Ziel einverstanden ist. Der konkrete Weg aber unterliegt einer permanenten Überprüfung und Veränderung auf allen Ebenen. Um diesen Weg zu finden organisieren sich die Teams in solchen Unternehmen selbstständig und immer wieder neu. ( mehr erfahren: Selbstorganisation)

Fehlen solche Visionen und Ziele kommt es zu beliebigen Richtungsänderungen, die dann das Erreichen von Zielen verhindern. Der Weg wird dann mehr zu einem Stochern im Nebel ohne dass man das Ziel noch im Auge hat. Die Freiräume wirken dann nicht mehr förderlich beim Durchschreiten der komplexen Welt, sondern führen zur Schaffung chaotischer Situationen. (mehr erfahren: Komponenten agiler Führung)

 

Strukturen

Agile Ansätze funktionieren also nur dann, wenn man ihnen passende Strukturen gibt.

Dabei sind agile und traditionelle Strukturen kein „Entweder Oder“. So gelingt der Transfer von rein klassischen Ansätzen hinein in agile Strukturen nur dann, wenn die traditionellen Strukturen nicht aus Prinzip abgelehnt werden. Ein ehernes Gesetz sozialer Systeme ist die Akzeptanz dessen was ist (und war). Für das Bisherige stehen die Mitarbeiter ein. Es ist verknüpft mit den Erfahrungen aus der „guten alte Zeit“, die einen Teil der Unternehmensidentität gestiftet hat und die Erinnerung an hart erarbeitete Erfolge beinhaltet.

Um traditionell organisierte Unternehmen in die agile Welt zu führen, führt der Weg darüber diese mit agilen Strukturen zu bereichern. Je nach Veränderungsdruck löst dieses einen mehr oder weniger starken Kulturwandel aus.

Dieser muss professionell vorbereitet werden. Im idealen Fall, und dieser ist möglich und meist erfolgreich, werden die neuen agilen Elemente von den Mitarbeitern selbst entwickelt und implementiert. Agilität als Verordnung von oben, insbesondere durch das Einführen einer bestimmten Methode, beinhaltet bereits den Samen des Scheiterns.

Man nehme also das Vorhandene und passe es an. Aus Meetings werden Workshops, aus fixen Terminen flexible „Stand-ups“. Auf der anderen Seite gehören aber auch Strukturen dazu, wie professionelle Workshop-Formate, die regelmäßig sowie bei Bedarf durchgeführt, die Reflexion und Kommunikation fördern, so dass sich der kritische Anteil der Mitarbeitenden nach und nach auf die Veränderungen einlassen und die Veränderungen mitgestalten können.

 

Menschenbild

 „Agil“ steht letztlich für ein anderes Menschenbild, in dem den Teams und Mitarbeitern wieder Vertrauen und die Verantwortung über ihre Prozesse und Ihre Aufgaben zurückgegeben wird. Dabei beinhaltet Verantwortung auch das Recht der Gestaltung. Die Arbeit erhält damit eine neue Sinnhaftigkeit. Das motiviert.

Ein solches Menschenbild muss ein selbstverständlicher Bestandteil der Führungskultur sein, und damit auch von den Mitarbeitern im täglichen (Arbeits-) Leben so empfunden werden. Die Rückgabe dieser Verantwortung funktioniert nur, wenn diese mit Vertrauen gepaart ist, und dieses Vertrauen nicht nur auf dem Papier steht.

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