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Die projektegetrieben Organisation – Kernfage und Schlüsse daraus

Eike Eilks, Interim Manager, Berater und Coach

Nachdem wir uns in den vorhergehenden vier Teilen dieser Serie mit den Fragen beschäftigt hatten

–          was Projektgeschäft und Produktgeschäft unterscheidet (Beitrag v. 27.11.20 hier)

–          woran projektgetriebene Geschäftsmodelle erkennbar sind (Beitrag v. 15.12.20 hier)

–          welchen Einfluss klassische Organisationen haben (Beitrag vom 13.01.21 hier)

–          und was eine solche für Folgen für die Kommunikation im Projekt hat (Beitrag vom 22.01.21 hier)

will ich in diesem Teil versuchen, meine Kernidee darzulegen, wie Unternehmen aufgestellt sein müssen, um projektgetriebene Geschäftsmodelle erfolgreich umsetzen zu können. Vielen Lesern werden die folgenden Aspekte möglicherweise simpel oder selbstverständlich erscheinen, jedoch ist deren gelebte Wirklichkeit oft alles andere als das.

Veränderungen

Wie an anderer Stelle schon ausgeführt, agieren die meisten Unternehmen heute in einem immer globaleren Marktumfeld, in dem trotz der oft erheblichen Entfernungen die Wirkung der Konkurrenz immer direkter und schneller wird und damit der Wettbewerb wächst.

Zeitgleich, und zum Teil auf denselben Mechanismen beruhend, wird auch die Macht der Kunden immer stärker. Dieser ist heute sehr gut informiert und kann sich kurzfristig und aufwandsarm fehlende Informationen beschaffen, so dass es ihm heute wesentlich leichter fällt, alternative Lieferanten oder Lösungen für seinen Bedarf zu finden. Und so kommt es, dass diese dann, obwohl von geringem Wert,  oft von der gegenüberliegenden Seite des Globus kommen.

Der Raum im Markt, in dem Unternehmen agieren und Aufträge generieren können, wird also immer kleiner. Umso wichtiger ist es für das Unternehmen rentabel und fokussiert zu arbeiten, um in dem damit einhergehenden Preiswettbewerb konkurrenzfähig zu bleiben.

Damit ist im Projektgeschäft die Fähigkeit zur effizienten Durchführung der Projekte das Grundgebot. Dieses stellt die Wirtschaftlichkeit des gesamten Unternehmens sicher. Aufgrund der begrenzten Reproduzierbarkeit des Wertschöpfungsansatzes – wir sprechen immer noch von Projekten – ist die Entwicklung von revolvierend anwendbaren Prozessen mit einem darauf aufsetzenden KVP begrenzt.

Es müssen also andere Ansätze gefunden werden, deren Beeinflussung zu einer Wirkung führt:

Die Grundsatzfrage

Was ist der Sinn des Geschäftes mit Projekten?


In vielen Unternehmen wird diese Frage leider nicht ernsthaft gestellt. Dabei ist diese essenziell, um die richtige Kultur zu schaffen und eine klare Vorstellung zu entwickeln, worauf die Wertschöpfung der einzelnen Bereiche des Unternehmens auszurichten ist.

Wo liegt der übergeordnete Sinn von Projekten? Dienen diese nur als Vertriebskanal für Produkte oder Dienstleistungen, soll das Geld also in anderen Abteilungen verdient werden? Oder soll das Geld des Unternehmens in den Projekten erwirtschaftet werden? Sind Projekte ein von Kunden erzwungenes Übel oder sind sie die Außendarstellung des Unternehmens im Markt. (Siehe auch:  „Woran erkenne ich projektgetriebenes Geschäft?“

Oft wird diese Frage mit einem unklaren „Sowohl-als-auch“ oder „mal-so-mal-so“ beantwortet. Antworten,  die oft der Realität entsprechen und damit sicherlich nicht falsch sind. Diese Antworten zeigen jedoch auf, dass sich das Unternehmen nicht im Klaren darüber ist, worauf seine Kapazitäten zu fokussieren sind. Ständige Änderungen der Ausrichtung der Konzentration sind die Folge.

Klarheit

Soll das Geld des Unternehmens in Projekten verdient werden, muss deren Marge über dem reinen Umsatz der einzelnen Abteilungen und Werke stehen. Dazu ist meist ein Umbau bestehender Hierarchien, Zuständigkeiten, Vergütungen, Denkweisen, Prioritäten usw. erforderlich. Auch eine bereits Projekte unterstützende Kultur ist in eine auf ein Projektgeschäft ausgerichtete Organisation umzuwandeln.

Typische Unternehmen, die ihren Wertschöpfungsschwerpunkt meist im projektgetriebenen Geschäft haben, finden sich z.B. in der Softwareentwicklung, im Anlagenbau, im Luft- u. Raumfahrtsektor, im Bereich Hoch- u. Tiefbau sowie in der Rüstung und in allen Branchen, die Investitionsgüter liefern. Darüber hinaus gibt es aber viele Sektoren, die zwar grundsätzlich andere Geschäftsmodelle haben, aber große Bereiche benötigen, in denen das Projektgeschäft die wesentliche Grundlage ist.

Leider finde ich die bereits beschriebenen Probleme auch in vielen solcher Unternehmen vor. Eine strategische Transformation von Organisation und Kultur, mit dem Ziel, dass Funktionen und Prozesse dem Bedarf des Geschäftes folgen, kann immense Potenziale für die Rentabilität und Zukunftsfähigkeit solcher Unternehmen aktivieren.

Dazu gehört auch die Entscheidung, dass, wenn das Geld überwiegend in Projekten verdient wird, die Marge und Wertschöpfung der Projekte über dem reinen Umsatz und Ergebnis der einzelnen Abteilungen stehen muss´, dass sich die Organisation zwar über die Projekte finanziert, aber nicht finanziell optimiert.

Dazu notwendig ist eine Veränderung der Grundeinstellung, die in einem Umbau bestehender Hierarchien, Strukturen und Prioritäten mündet. Auch haben viele Unternehmen, die bereits projektunterstützende Strukturen aufgebaut haben weitere hebenswerte Potentiale, die sich realisieren, wenn sie sich in eine im Schwerpunkt auf das Projektgeschäft ausgerichtete Organisation umwandeln.

Vorteile einer strategischen Transformation


Personalstruktur

In einer projektorientierten Organisationsstruktur werden Ressourcen sinnvollerweise dort eingesetzt, wo sie dem Geschäft am besten nützen, unabhängig von ihrer Zuordnung etwa in der disziplinaren Linie. Diese ist hinsichtlich bestimmter Kompetenzgruppen organisiert und sieht ihre Aufgabe darin, die Projekte bestmöglich zu unterstützen.

Alle Mitarbeiter werden in Bezug auf die Geschäfts- / bzw. genauer auf die Projektanforderungen qualifiziert oder eingestellt. Dabei ist die disziplinare Zuordnung nachrangig, im Vordergrund stehen der langfristige und unmittelbare Nutzen ebenso, wie Interessen und Potentiale der Mitarbeiter.

Akquiseentscheidungen

Die Auswahl der am Markt akquirierbaren Projekte folgt in erster Linie der realen Machbarkeit, was Kapazität und Kompetenz angeht, mit einem Fokus auf die übergeordneten Geschäftsziele. Dabei werden eindimensionale Geschäftsziele, insbesondere zeitlich eng befristete (wie Steigerung des AE oder ein Mindest-EBIT) zugunsten langfristiger strategischer Geschäftsziele vermieden. Bei der Auswahl der Projekte ist die Leistungsfähigkeit (WIP-Management) zu berücksichtigen.

So kann es sinnvoll sein sehr lukrative Aufträge abzulehnen, wenn erkennbar ist, dass durch diese die Organisation überlastet wird, was ein hohes Risiko für Mehrkosten infolge eines zu hohen WIP bedeutet und in der Folge viele Projekte hierunter wirtschaftlich leiden werden.

Andererseits kann es auch sinnvoll sein, temporär Projekte anzunehmen, die ein niedriges oder auch negatives EBIT erwirtschaften, solange es keine wirtschaftlicheren Alternativen gibt und dabei noch ein positiver Deckungsbeitrag erwirtschaftet wird. Auch strategische Ziele, wie das Aufrechterhalten der Präsenz in bestimmten Teilmärkten kann hier von Bedeutung sein.

Die zuverlässige Auslieferung von angenommenen Projekten ist ein Muss und damit das oberste projektinterne Ziel, das jedoch auch unternehmensstrategisch von hoher Relevanz ist, da eine nachweisbare Erfolgshistorie in den heute vorherrschenden informierten Märkten ein wesentlicher Marktvorteil ist.

Flexible Organisation

Projekte sind temporäre Geschäfte mit eigener Organisation. Diese speisen sich hinsichtlich Personal und Infrastruktur aus der Unternehmensorganisation. Die Ressourcenzuordnung erfolgt aus dem gesamten Unternehmen nach Bedarf und Verfügbarkeit. In vielen Unternehmen erfolgt dieses über Kompetenzpools, die sicher stellen, dass Mitarbeiter mit den richtigen Kompetenzen zur richtigen Zeit im richtigen Projekt eingesetzt werden können. Wenn der Bedarf der Projekte sich ändert kann mit einer Veränderung der Ressourcendisposition schnell und flexibel reagiert werden.

Diese Pools übernehmen jedoch noch weitere Aufgabe in diesem Sinne. Sie erfassen, welche Kompetenzen notwendig sind, und evaluieren, welche in Zukunft notwendig sein werden und sorgen über Qualifizierung und Einstellung dafür, dass die Projekte mit gut qualifizierten Mitarbeitern versorgt werden können. In der Akquise unterstützen sie, in dem sie den Vertrieb mit soliden belastbaren Aussagen über Verfügbarkeiten informieren.


Gute projektgetriebene Organisationen zeichnen sich durch eine hohe Flexibilität aus. Sie zeigen aber auch auf, dass profitable Unternehmen im Projektgeschäft nur auf Basis profitabler Projekte entstehen. Dabei bleibt der Fokus immer auf das gesamte Unternehmen ausgerichtet.<br\>

Man hat verstanden:

  • wo und durch wen das Geld für das Unternehmen verdient wird
  • dass, obwohl beides notwendig und gut ist, lokale Optimierung nur kurzfristig einem Projekt hilft, übergreifende Optimierung aber langfristig und nachhaltige Verbesserungen bringt.
  • Linienfunktionen und Abteilungen Dienstleister für die Projekte sind.

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