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Wenn der Projektverzug zum Problem wird…….

Eike Eilks, Interim Manager, Berater und Coach

Kennen Sie das?

Sie stehen in Vertragsverhandlungen und man zweifelt offen Ihre terminliche Zuverlässigkeit an. Man fordert von Ihnen vertragliche Garantien, um sicherzustellen, dass Sie termingerecht liefern. Der Zeitplan wäre eng, aber da Sie weder den Kunden noch den Auftrag verlieren wollen, müssen Sie darauf eingehen. Und sie wissen schon jetzt, dass es nicht unwahrscheinlich ist, dass ihr Kunde auch diese Pönale wieder wird ziehen können.

Und wenn dieses eintritt wird diese Situation im Unternehmen zwar als ärgerlich, aber als naturgegeben akzeptiert. Begründungen gibt es viele und auch viele potentiell Schuldige, aber das ist halt so. Man hat sich dran gewöhnt.

Wäre es nicht viel besser….

  • Wäre es nicht viel besser einen Ruf als zuverlässiger Lieferant zu haben und in den Verhandlungen aus einer komfortablen Position heraus zu verhandeln.
  • Wäre es nicht besser, trotz eines höheren Preises vom Kunden genau deswegen ausgewählt zu werden?
  • Wäre es nicht angenehm, bei Vertragsunterschrift das gute Gefühl zu haben, ein solides und lohnendes Projekt zu starten mit der Zuversicht mindestens die kalkulierten Margen zu erwirtschaften?
  • Wäre es nicht super mit dem neuen Auftrag die Gewissheit zu verbinden, auch nach Abschluss des Projektes weiterhin einen zufriedenen statt eines verärgerten Kunden zu haben?

Verbreitete Realität

Eine große Anzahl aller Projekte in der Industrie wie auch im Mittelstand erreichen ihre Ziele verspätet, oft auch unvollständig und mit viel zu hohen Kosten. Trotz regelmäßiger „Lessons-Learned“ Workshops, trotzt „Design-to-Cost“ Vorgaben, trotz „Micro-Controlling“ und trotz vieler anderer Maßnahmen und Vorgaben — der Verzug tritt auch beim nächsten oder übernächsten Projekt wieder „zuverlässig“ ein.
Besonders ärgerlich wirkt sich dieses aus, wenn es sich bei diesen Projekten um Leistungserbringung für Ihre Kunden handelt und diese Projekte damit wesentlich für Ihre Wertschöpfung sind.

Die Folgen

In meinem heutigen Beitrag möchte ich Ihnen zunächst die Folgen häufiger Projektverzüge aufzeigen. Ich möchte ein Bewusstsein für die damit verbundene Problematik schaffen. Leider sind sich einige Unternehmen nur eines Teiles der Folgen bewusst, jedoch reduzieren alle Folgen die Handlungsfähigkeit des Unternehmens am Markt. (Über mögliche Handlungsfelder dieses Problem zu beseitigen, werde ich in einem späteren Blog berichten. Abonnieren Sie gerne meinen Newsletter, um diesen nicht zu verpassen.)

Vier Auswirkungsbereiche

Der Verzug beeinflusst den Unternehmenserfolg in vier Schwerpunkten:

  • Durch offensichtliche Folgen, wie den ungeplanten Mehrkosten und die ggf. eingeforderten Vertragsstrafen und ein daraus folgendes reduziertes Betriebsergebnis
  • Durch indirekte Folgen, wie Kollateralschäden in anderen parallelen Projekten aufgrund verspäteter oder reduzierter Verfügbarkeit von Mitarbeitern mit dem Risiko neuer Verzüge an anderer Stelle,
  • Durch mittelfristige Folgen für die Motivation und das Engagement der Mitarbeiter und ggf. eine steigende Fluktuation
  • vor allem aber durch langfristige Folgen, wie ein negativer Einfluss auf den Ruf Ihres Unternehmens am Markt und damit eine geschwächte Position für den Vertrieb.

Insbesondere letztere werden oft übersehen. Exakte Bewertungen, was das Renommee Ihres Unternehmens angeht, sind selten verfügbar. Ein schlechter Ruf im Markt ist existent, jedoch weder fassbar noch argumentativ beeinflussbar. Und er hat mittelbare und unmittelbare Folgen. Er ist schnell erworben, aber schwierig zu beseitigen.

Schauen wir uns die Auswirkungen von Projektverzügen, insbesondere von wiederkehrenden Projektverzügen, an:

Schlimm genug: Die direkten finanziellen Auswirkungen

Längere Projektlaufzeiten bedeuten höhere Projektkosten. Zum einen bleibt das eingeplante Personal länger im Projekt tätig und verursacht ungeplante Mehrkosten. Zum anderen wird mit dem zunehmenden Druck Ihres Kunden, endlich zu liefern und das Projekt abzuschließen, zusätzliches Personal eingesetzt. Oft ist dieses Personal in den Content des Projektes nicht eingearbeitet oder hat einen abweichenden Kompetenzschwerpunkt. In der Folge liegt dessen Produktivität niedriger als die des ursprünglich geplanten Personals. Dazu bindet es zusätzliche Kapazitäten für die Einarbeitung und Führung. Die Projektkosten steigen überproportional.

Hinzukommt: Je nach Situation und Verhältnis macht Ihr Kunde ggf. sogar von seinen Rechten Gebrauch, setzt Sie in Verzug und fordert Pönalen ein. Es ist viel Aufwand zu treiben, diese Forderungen abzuwehren. Dieser belastet das Projektteam zusätzlich. Die Projektkosten steigen weiter, ebenso wie der Druck auf Ihr Team.

Kettenreaktion

Selten bearbeitet ein Unternehmen nur ein Projekt zur Zeit. Meist sind die im kritischen Projekt tätigen Mitarbeiter bereits für andere Projekte eingeplant. Sie werden dort auch dringend benötigt. Treten jedoch Verzüge auf, so sind sie aufgrund dessen nicht termingerecht verfügbar. Da in den wenigsten Unternehmen ausreichend Personalreserven für solche Fälle mit gleichen Qualifikationen und Erfahrungen vorhanden sind, – dies wäre wirtschaftlich kaum vertretbar – steigt nun das Risiko für Verzüge auch in den anderen Projekten erheblich. Die so ausgelösten zusätzlichen Verzüge können in den seltensten Fällen wieder kompensiert werden und lösen die schon besprochenen Folgen aus.

Hat der Verzug in einem Projekt ein gewisses Maß erreicht und wirkt sich dieser auf andere parallele Projekte aus, so kann ein selbstverstärkender Effekt, eine Art Kettenreaktion entstehen. Der Aufwand das zu bedämpfen führt oft über externes Personal mit den typischen überproportionalen Mehrkosten.

Betriebswirtschaftlich

Dieser Effekt führt dazu, dass das Unternehmen trotz ausreichendem Auftragsbestand eine gegenüber der Planung deutlich geringere Anzahl an Projekten im Geschäftsjahr abschließen wird. Dieses hat Einfluss auf den Cash-Flow. In den meisten Verträgen wird der größte Teil der Vertragssumme erst mit Lieferung und Inbetriebsetzung fällig.

Auch ohne Berücksichtigung der Mehrkosten hat das signifikante Folgen. Die Fixkosten für Personal, Gebäude, Maschinen und ähnliches werden vom Verzug nicht berührt und bleiben gleich. (bzw. sie steigen, wenn zusätzliches Personal von extern eingekauft werden muss). Wenn also die Fixkosten gleich bleiben und die Anzahl der Projekte sinkt, dann muss jedes Projekt einen größeren Anteil an den Fixkosten schultern, damit sinkt das einzelne Projektergebnis und damit auch das erwirtschaftete Gesamtbetriebsergebnis trotz Vollauslastung.

Ein Beispiel: Ein Spezialmaschinenbauer hat 15 Kunden die Lieferung je einer Maschine im lfd. Geschäftsjahr vertraglich zugesagt. Mit ca. 100 Mitarbeitern soll ein Jahresumsatz von 18 Mio € erreicht werden. Die Fixkosten betragen ca. 8,0 Mio €, die einzelne Maschine wird durchschnittlich für 1.2 Mio € verkauft. Fertigung, Lieferung und Inbetriebsetzung benötigen nach Planung rund 3 Monate pro Maschine. Parallele Arbeiten an einer begrenzten Anzahl von Maschinen sind möglich.

Die Differenz der Entwicklung von Unternehmens- und Projektergebnis entsteht in diesem Beispiel dadurch, dass z.B. Material für die geplanten Projekte frühzeitig bestellt werden muss. Die Kosten für das Material aus den nicht realisierten Projekten, sowie ggf. Sistierungskosten für externe Dienstleister wirken damit zulasten des Gesamtergebnisses. Solche Effekte sind nicht vermeidbar. Vertragsstrafen für Lieferverzug seitens des Kunden oder Kosten für zusätzliches externes Personal wurden in diesem Beispiel noch nicht berücksichtigt. Die Realität kann also kritischer aussehen.

In diesem für viele mittelständische Unternehmen nicht untypischen Model reicht eine Reduktion von 10% der Projektabschlüsse im Jahr gegenüber der Planunf aus, um in eine kritische wirtschaftliche Lage zu geraten, insbesondere wenn dieses der Regelfall und wiederkehrend ist. Dieser Wert wird oft schon bei einer Überschreitung der Projektlaufzeit von 10% bis 15% erreicht.

Interne Folgen

Häufiger Verzug in Projekten hat auch unternehmensintern wesentliche Folgen. Die Verzüge lösen seitens der Kunden wie auch der Führungskräfte starken Druck auf die Mitarbeiter aus. Oft wird Ihnen Ineffizienz oder mangelnder Leistungswille unterstellt. Wenn dieses häufig oder ständig passiert verändert sich die Einstellung und Motivation der Mitarbeiter.

Die Bereitschaft sich „voll reinzuhängen“, um das Projekt doch noch durch die Tür zu bringen oder eine Vertragsstrafe zu vermeiden, schwindet mit jedem neuen Verzug. „Einmal gerne, gerne auch beim nächsten Projekt, …. aber bei jedem Projekt oder sogar bei jedem vertraglichen Quality-Gate? Nein Danke.“ Der Verzug wird als akzeptierte Normalität wahrgenommen, die Folgen erscheinen nicht relevant, sonst würde sich ja was ändern.

Die Mitarbeiter nehmen wahr, dass Ihr Engagement nur zu wenig führt. Der erhoffte Erfolg bleibt aus. Stattdessen wiederholen sich Forderungen. Zusätzlich beschweren sich die Kunden über die mangelnde Zuverlässigkeit des Unternehmens. Statt Wertschätzung für ihren Einsatz erfahren die Mitarbeiter Kritik. Das Engagement lässt nach, die Bindung an das Unternehmen und zum Team reduziert sich und die Bereitschaft den Arbeitgeber zu wechseln steigt. In der Folge steigt die Fluktuation und oft verlassen die Wichtigsten und Besten das Unternehmen zuerst.

Renommee

Durch verspätete Auslieferungen leidet vor allem der Ruf Ihres Unternehmens als verlässlicher Lieferant und Partner. Qualität beschreibt nicht nur die technische Qualität Ihrer Produkte, sondern auch, und das zunehmend, die Qualität Ihrer gesamten Leistungen. Die Zuverlässigkeit, mit der Sie Ihre Zusagen einhalten ist ein wesentliches Entscheidungskriterium für viele Kunden ein Unternehmen zu beauftragen. Das gilt für Systemeigenschaften und Funktionen ebenso wie für Terminzusagen. Es gilt im B2C-Markt bei der Beauftragung von Handwerkern ebenso wie im B2B-Geschäft. Liefertreue spricht sich am Markt, in Verbänden, in Branchenforen und auf Messen herum.

Wenn Sie dann noch aufgrund der personellen Notwendigkeiten in den Projekten Schwierigkeiten haben auch ihren Service-Verpflichtungen termingerecht nachzukommen oder bei Störungen kurzfristig zu reagieren, dann entsteht eine existenzbedrohende Situation für Ihr Unternehmen.

Um trotz des Rufes mangelnder Zuverlässigkeit Aufträge zu generieren, müssen Sie entweder einen außergewöhnlichen Leistungsumfang zum gleichen Preis versprechen oder aber einen preislich großen Vorteil anbieten. Das durch den schlechten Ruf vermutete Risiko wollen die Kunden kompensiert haben. Beides wird die Abwicklung des Projektes hinsichtlich Einhaltung von Kosten, Terminen und Qualität nicht vereinfachen.

Fazit

Verzüge in Projekten verursachen nicht vernachlässigbare Folgen, insbesondere in Unternehmen oder Unternehmensteilen, die ihre Wertschöpfung überwiegend aus diesen Projekten ziehen. Nicht alle Folgen werden erkannt und den Verzügen zugeordnet, einige wirken langfristig. Jedoch reduziert jede dieser Folgen die Handlungsfähigkeit des Unternehmens am Markt.

In vielen Unternehmen werden die Verzüge als gegeben hingenommen. Es wird zwar noch versucht die Folgen zu kompensieren, z.B. in dem versucht wird, Projektgewinn mit kalkulatorischen Mitteln abzusichern. Damit wird jedoch nicht die ursächliche „Erkrankung“ behandelt. Stattdessen wird versucht die Sichtbarkeit der Symptome zu vermeiden. Wirksame korrektive Maßnahmen unterbleiben.

Die Alternative

Wäre es nicht viel besser einen Ruf als zuverlässiger Lieferant zu haben und so nebenher auch noch den Benefit zu generieren, die kalkulierten Margen sicher und ebenso zuverlässig zu erwirtschaften.

Wie anders fühlen sich Ihre Mitarbeiter, wenn der Kunde ihnen auf die Schulter klopft und sich für die Termintreue und Qualität bedankt, anstatt schon im Vorfeld unter vorgehaltener Hand zu hören, dass man ohnehin mit einem mehrmonatigen Verzug rechnet und sich entsprechend vorbereitet. Die Bereitschaft auch mal eine Stunde mehr zu arbeiten und die legendäre „Extra-Meile“ zu gehen ist für das Team dann eine Selbstverständlichkeit.

Das Verständnis für die Ursachen von Verzügen ist die Basis für die notwendigen Veränderungen. Ob nun Schwächen im Multiprojektmanagement bestehen, ob Teamarbeit nicht richtig verstanden und gelebt wird oder ob die Form der Zusammenarbeit mit Ihren Kunden verändert werden muss, die Ursachen sind vielfältig und wirken meist parallel. Sie beeinflussen sich gegenseitig und können so das Problem verstärken.

Die gute Nachricht: Die notwendigen Veränderungen sind möglich. Es gibt Unternehmen, die sich gewandelt haben und in dieser Hinsicht heute zuverlässig und professionell sind. Ihnen gelingt es, die überwiegende Mehrzahl ihrer Projekte auch unter schwierigen Bedingungen termingerecht und erfolgreich zur Zufriedenheit Ihrer Kunden abzuwickeln.

Gerne unterstütze ich Sie beim Erreichen dieses Zieles. Bitte sprechen Sie mich an.

Eike Eilks

Ihr Lotse für Projektmanagement und Führung

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