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VUCA im Projektmanagement

Eike Eilks, Interim Manager, Berater und Coach

Was hat VUCA mit Projektmanagement zu tun?

Wie in meinem Blog vom 17.03.22 schon dargelegt, beschreibt VUCA die Wahrnehmung, dass sich die Umgebungen und Bedingungen, unter denen wir handeln zunehmend chaotisch verhalten. Chaotisch sagt aus, dass die von uns geschaffenen Strukturen instabil zu sein scheinen oder zumindest ungeordnet sind.

Mit einer solche Unordnung umzugehen, ist aber genau die Aufgabe von Projektmanagern. Projekte zeichnen sich im Regelfall dadurch aus, dass viele Parameter zu Beginn des Projektes noch nicht eindeutig geklärt sind und die Projektleiter trotzdem versuchen, diese in einer systematischen Form zu erfassen, zu verwalten und zu steuern.

Sind Projektleiter damit automatisch die besten VUCA Experten?

Sind Projektleiter damit die VUCA Experten schlechthin ?

Projektabwickelnde Unternehmen arbeiten unter ständigen Veränderungen und einem hohen Zeitdruck. Das ist die typische Arbeitsumgebung für Projektleiter. Somit sollten diese auch prädestiniert mit VUCA umzugehen. Auch für projektabwickelnde Unternehmen gilt, dass sich der Wettbewerb durch steigende Markttransparenz verschärft, andererseits werden die Kunden anspruchsvoller und die verfügbaren Ressourcen werden immer knapper. Die stetigen Veränderungen, die auf die Projekte einwirken tun Ihr übriges.


Projektmanagement versucht diese Situation mit geeigneten Methoden und Prozessen einzufangen, zu verwalten und damit zu ordnen. Eine verlässliche Planung für eine effiziente Abwicklung des Projektes zu entwickeln ist dabei eine Kernanforderung an den Projektleiter. Andererseits soll er flexibel auf die vielen teilweise sehr überraschenden Veränderungen reagieren und Entscheidungen treffen, die im Idealfall auf den ursprünglich geplanten Pfad zurückführen.

Im klassischen Projektmanagement unterstützt hier das Risikomanagement  als ein wesentliches präventives Element. Jedoch befasst sich Risikomanagement nur mit vorab erkenn- oder erwartbaren Risiken, nicht jedoch mit völlig neuen, überraschend und plötzlich eintretenden Veränderungen.

Veränderte Anforderungen


Projektmanagement ist heute also nicht mehr dasselbe, was es vor 20 Jahren war. Heute steht das Projekt unter ständiger Konfrontation mit Veränderungen, die von außen einwirken. Heute ist die Welt unbeständig, unsicher, komplex und mehrdeutig, eben VUCA. Das macht es schwer fundierte Entscheidungen zu treffen und wirkt sich auf die Art und Weise aus, wie Projekte geführt werden müssen.

Das Innovative eines Projektes ist nicht mehr primär der technologische Inhalt, sondern die laufenden Innovationen hinsichtlich der Abwicklungsprozesse. Retrospektiven bilden dieses zum Beispiel in den agilen Konzepten bereits ab.

Das Verständnis von VUCA bietet den Projektleitern einen Rahmen, um zu verstehen, was passiert.  Agile Projektmanagementansätze können helfen, Lösungen zu schaffen, die in der konkreten Situation dem individuellen Projekt helfen, weiterzukommen.

VUCA ist eine Zusammenfassung von Realitäten, deren Verständnis Ihnen helfen kann:

  • Im Voraus schwer erkennbare Probleme zu antizipieren
  • die Interdependenz von Einflussfaktoren zu erkennen und zu verstehen
  • mögliche Konsequenzen von Entscheidungen im komplexen Umfeld zu verstehen
  • sich auf mögliche alternativ eintretende zukünftige Realitäten vorzubereiten
  • Chancen zu erkennen, nach Relevanz zu bewerten und zu nutzen

Vier Elemente

Die 4 Elemente des VUCA Akronyms sind nicht allein zu betrachten. Sie beeinflussen und befeuern sich gegenseitig. Volatilitäten steigern die Komplexität. Die Komplexität erhöht das Maß der Unsicherheit ebenso wie die Mehrdeutigkeit. Jede Mehrdeutigkeit ist auch ein Faktor der Unsicherheit …..

Dennoch möchte ich versuchen, die Wirkungen der vier Elemente im Projektmanagement aufzuzeigen. Gehen wir auf die vier Elemente ein:

Volatilität


Die Arbeit in einem volatilen Umfeld ist geprägt von häufigen schnell eintretenden und dazu einflussstarken Herausforderungen. Die bestehende Planung wird kontinuierlich beeinflusst, kaum eine Aktivität ist davon ausgenommen. Dieses betrifft sogar die in der Vergangenheit als relevant identifizierten Indikationen. Wichtige KPI’s für den Projektfortschritt werden von Aspekten der aktuellen Ereignissen übersteuert und treten in den Hintergrund. Diese neuen Aspekte binden Ressourcen, die eigentlich für anders eingeplant waren. Es wird schwierig das Projekt entlang des Planes zu halten.

Unsicherheit

Im VUCA – Umfeld befinden sich die Projekte selten in einem stabilen verlässlichen Umfeld. Von den Projektleitungen wurde in der Vergangenheit nach klassischem Verständnis erwartet die Gegenwart und die Zukunft steuern zu können. Dazu gehörte auch die Fähigkeit wesentliche Ereignisse und deren Folgen vorab zu erkennen und entsprechende präventive Maßnahmen einzuleiten.

In der VUCA-Welt ist dieses jedoch nur sehr begrenzt möglich. Zum einen ist die bestehende Situation bereits mit vielen unsicheren Faktoren behaftet, zum anderen weiß in einem unbeständigen Umfeld niemand wann und mit welcher Vehemenz Veränderungen eintreten werden. Die Frage nach aktuellen Wissen hinsichtlich der Situation lässt vieles offen. Die Evaluierung der Lücken benötigt Zeit und damit tritt ggf. bereit die nächste Veränderung ein. Dieses macht es schwierig prädiktiv die Zukunft zu bestimmen.

Komplexität

In der Vergangenheit waren Projekte ein sequentieller Ablauf geplanter Vorgänge. Die Projektleitung übernahm die Aufgabe die Sequenzen zu kontrollieren und ggfs. steuern einzugreifen, um die Sequenz grundsätzlich einzuhalten. Einflüsse von außen wirkten auf einzelne Vorgänge und die Vorgänge selbst jeweils nur auf die nachfolgenden Vorgänge. Das Projekt war kompliziert, teilweise auch sehr kompliziert, selten aber komplex.


Diese Bewertung folgt der in einem Projekt abgebildeten Komponenten, deren Beziehungen und deren Wechselwirkungen untereinander.

Komplex wird eine Situation dann, wenn einflussnehmende Faktoren so vielfältig oder unvorhersehbar und die Anzahl der Elemente, die aufeinander einwirkenden, so hoch ist, dass die Reaktion der Gesamtsystems oder die von Teilsystemen nicht mehr vorhersagbar ist.

Im Entscheidungsraum des Projektleiters werden damit auch die Folgen seines Handeln unvorhersagbar. Zielgerichtetes Handeln bleibt möglich. Jedes Handeln folgt einer Absicht auf Basis von Wissen und Können, jedoch ist es unsicher, ob mit diesem Handeln eine Korrektur in Richtung auf das jeweilige Ziel auch erreicht wird.

Mehrdeutigkeit

Die Mehrdeutigkeit von Indikationen ist nicht binär, sondern fängt bereits mit einer quantitativ differierenden Beurteilung einer Informationen an. Die Information wird in den seltensten Fällen mit nur einer Situation oder nur einem Ereignis in den Kontext gesetzt.  In differierendem Kontext jedoch variiert zunächst auch die Bedeutung der Information und damit deren quantitative wie qualitative Wahrnehmung. Ist aber erst eine Beurteilung der Information erfolgt, so wird diese Beurteilung auch in einen anderen Kontext übertragen.

In einem komplexen Umfeld können Informationen sogar zum Teil konträre Bedeutungen haben. Dieses führt zu mehrdeutigen Botschaften, die wiederum zur Unfähigkeit führen können, eine Situation zu verstehen. Der für die eigenen Ziele notwendige Konsens – u.a. im eigenen Team –  ist unter solchen Rahmenbedingungen schwer zu erreichen.

Lösungen für Projekte

Akzeptanz

Projektumgebungen werden zunehmend chaotisch und ungeordnet sein. Dieses müssen Management und die Projektleitung akzeptieren. Ungeordnete Umgebungen zeichnen sich u.a. dadurch aus, dass es unmöglich scheint, mit den auftretenden Veränderungen Schritt zu halten und den Weg zum Ziel steuernd und kontrolliert zu beeinflussen.

Dieses führt zu Frustrationen. In einigen Fällen habe ich erleben müssen, dass wirklich gute Projektleiter abberufen wurde, weil das Management in Erwartung der Umsetzung der ursprünglichen Planung mit den Leistungen der Projektleitung nicht zufrieden war, obwohl das Projekt sich in die richtige Richtung entwickelte.

Die Erkenntnis, dass der Mangel an Ordnung nicht auf schlechte Übersicht und Kenntnis der Situation, auf unzureichende Ressourcen oder auf mangelndes Verständnis der Rahmenbedingungen zurückzuführen ist, ist der erste Schritt, um aus dem bisherigen Projektmanagement zu einer für die Situation passende Projektleitung zu führen. Der Mangel an Ordnung ist ein Kernmerkmal von aktiven komplexen Systemen. Damit ist diese „Unordnung“ auch weder etwas Negatives noch ein zu lösendes Problem. Stattdessen ist es die Beschreibung dessen was ist und dieses wertfrei.  Damit ist das Fehlen der gewünschten Ordnung nichts notwendigerweise Schlechtes und schon gar kein Problem, das gelöst werden könnte, wenn sich nur jemand anderes darum kümmern würde.

Um es mit einem Bild zu erklären: Wenn Sie mit Ihrem PKW und einem sehr großen Wohnanhänger am Fuße einer steilen Passstraße stehen, dann ist der Pass als solche zwar eine Problem, nicht jedoch das Problem, dass Sie lösen können und sollten. Der Verlauf des Passes, seine Steigungen, Kehren und Gefälle sind so, wie sie sind. Das Problem, das Sie lösen können und sollten besteht darin, dass Sie sowohl einen hinsichtlich Gewicht, Motorleistung und Bremsen geeigneten PKW führen, der in der Lage ist den Wohnanhänger ohne größere Probleme über den Pass zufahren und dass Sie als Fahrer in der Lage sind, das Gespann in dieser herausfordernden Situation sicher zu führen, sowohl hinauf auf den Pass, wie auch wieder auf der anderen Seite hinunter.

Akzeptieren Sie das Chaos

Die Akzeptanz für die Existenz des Chaos nimmt dem Projektteam viel Belastung. Wenn akzeptiert wird, dass die Rahmenbedingungen sind, wie sie sind, dann können andere Grundannahmen und Basisanforderungen revidiert werden. Das Ziel Sicherheit und Ordnung zu erreichen, steht, da unter den neuen Bedingungen nicht realistisch, nicht mehr im Vordergrund.

Fragen!

Was wissen wir? Was könnte sein? Wie kommen wir voran? Was brauchen wir dazu?

Wenn das Streben nach Ordnung und Sicherheit und der Wunsch nach Vorgabe nicht mehr dominieren, dann hat ein Kulturwandel eingesetzt. Dieser lässt kreatives Vorgehen zu. Das Ziel ist und bleibt vorgegeben und klar. Es zu erreichen ist Inhalt des Projektes, jedoch kann der Weg zum Ziel variieren.

Der Projektleiter gibt das Ziel klar und verständlich vor. Gemeinsam werden im Team die nächsten Schritte abgestimmt und diese umgesetzt. Führt der Weg in Richtung des Zieles, so geht das Team weiter, tauchen neue Informationen auf, so wird der Weg verändert, jedoch immer mit dem Ziel im Auge geht einige Schritte in Richtung des Projektzieles und prüft, ob man dem Ziel näherkommt.

Die Lösung für die Leitung von Projekten im VUCA Umfeld ist also

  • eine konkrete Vision des Zieles
  • das Verstehen der Situation
  • klare Kommunikation
  • Agilität im Handeln.


Wie man dieses konkret angeht? Der konkrete Weg für Ihr Unternehmen und für Ihre Projekte ist individuell. Gerne können wir uns zu Ihrem konkreten Bedarf austauschen. Bitte sprechen Sie mich an.

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