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Wird die digitale Transformation der entscheidende Erfolgsfaktor des kommenden Jahres?

Eike Eilks, Interim Manager, Berater und Coach
Die Realität deutscher Unternehmen hat sich während und durch Corona stark verändert. Neben der Notwendigkeit neuer Formen der Kommunikation und der Führung hat sich in den zwei Jahren Corona auch die weltpolitische Situation und damit die Performance und die Qualität der weltweiten Warenströme verändert.

China und die USA definieren ihre Rollen neu. Repression gegen politische und religiöse Minderheiten, konservativer Nationalismus und wirtschaftlicher Protektionismus werden in weiten Teilen der Welt zur gesellschaftlich akzeptierten Wirklichkeit und demokratischen und rechtsstaatlichen Ideen übergeordnet. Die Globalisierung und die weltweiten Lieferketten zeigen ihre Schwächen. Die VUCA – Welt ist real, Veränderungen erfolgen immer schneller und überraschender.

Die neue Realität

Für viele Unternehmen wurden die Veränderungen zu einer Belastung. Einige nahmen den Impuls auf und entwickelten neuen Lösungen und Ideen. Andere Unternehmen versuchen zunächst zu überleben und glauben sich diesen Veränderungen verweigern zu können. Sie hoffen auf einen „Status Quo Ante“.

Das dieser eintritt ist jedoch unwahrscheinlich. Ein geduldiges Verharren im bisherigen Opus Operandi wird also trotz aller Überbrückungshilfen und Fördermaßnahmen bei unverändertem Geschäftsmodell nicht zurück in den bisherigen Erfolg führen, sondern in die mögliche Realität einer zeitnahen Abwicklung. So werden Kunden, die während Corona ihre gesamte „Non-Food“-Versorgung in das Internet verlagert haben, nach abklingen der Pandemie nicht zu 100% zurück zu ihren lokalen Retail-Händlern in die Geschäfte gehen. Selbst wenn Sie bisher mit Ihrem Geschäft nur lokal angeboten haben und bisher gut davon leben konnten, so haben die Erfahrungen aus der Zeit in der Pandemie das Kundenverhalten nachhaltig verändert. Überregionale Preistransparenz und Warenverfügbarkeit sind seit Corona einer Mehrheit der Bevölkerung bewusst. Die Unternehmen müssen also ihre Geschäftsmodelle anpassen und verändern. Als Beispiel sei die mittelständische Baubranche genannt, deren Preise auf der einen Seite überregional vergleichbar werden und damit unter Druck stehen, die sich aber andererseits mit steigenden Rohstoffpreisen bei abnehmender Verfügbarkeit derselben durch die Veränderungen an den globalen Warenströmen auseinandersetzen muss. Wie also mit diesen Veränderungen umgehen?

Mögliche Ansätze unter anderen

Unsere Unternehmen haben verschiedene Mittel in der Hand, um sich diesen neuen Realitäten anzupassen. Alle Ansätze münden in Veränderungen der Geschäftsmodelle.  Ein wesentliches Mittel diese Veränderungen zu forcieren ist der Einsatz von Möglichkeiten der Digitalisierung. Im ersten Moment denken wir bei diesem Begriff an Technologie. Dementsprechend galten moderne Technologieunternehmen aus der Telekomunikations- und IT-Branche als Gewinner der Digitalisierung. Jedoch zeigten gerade diese, dass sie, wenn sie in ihrem vermeintlich erfolgreichen Geschäftsmodell verharren, von den Veränderungen genauso betroffen sind wie Unternehmen traditioneller Branchen. Dies haben uns Firmen wie z.B.: IBM, Nokia, Motorola oder die Siemens Telefonsparte nachgewiesen, die zwar innovative Hightech Produkte anboten, jedoch keine neuen Geschäftsmodelle parallel entwickelt haben. Auch haben viele Unternehmen viel Geld in ihre Internetpräsenz investiert, nur um im Netz dabei und „hip“ zu sein. Aber nur im Netz dabei zu sein reicht nicht. Zumal das Netz nur einen Aspekt, wenn auch einen wesentlichen, einer digitalen Transformation darstellt. Es geht darum mit Hilfe neuer Geschäftsmodelle dem Kunden einen zumindest subjektiv höheren Nutzen anzubieten und mit Hilfe der digitalen Möglichkeiten neue oder veränderte Wertschöpfungen zu erreichen.

Umsetzung

Um mit Digitalisierung einen umfassenden und langfristigen Nutzen zu generieren, ist eine digitale Strategie, die konsequente Umsetzung derselben sowie deren kontinuierliche Überprüfung und Anpassung anhand aktueller Entwicklungen erforderlich.

Die richtige Strategie ist für den Erfolg jedes Unternehmens eine Grundvoraussetzung. Neben kleineren internen Optimierungen gehören immer auch Veränderungen im Bereich des Kundenmanagements und idealerweise der Lieferanten dazu. Es stellt sich heute für jedes Unternehmen die Frage, welche Supplier und welche Vertriebsketten mittel- und langfristig noch verfügbar sein werden. So haben aktuell viele KMU Probleme bestimmte Zukaufteile über ihre traditionellen Quellen termingerecht und in ausreichender Menge zu beschaffen. Ergänzend entstehen neue Anforderungen an diese Teile, z.B. hinsichtlich Qualifizierung, Ökologie, Fairness oder Nachhaltigkeit.

Notwendigkeit

So gesehen ist es notwendig sich um die eigene Digitalisierung zu kümmern, selbst wenn das bewährte Geschäftsmodell noch gut funktioniert und Vertrauen genießt. Die eigenen Prozesse, die Organisation, die Vertriebs- und Beschaffungswege zu überdenken und hinsichtlich der neuen Anforderungen zu überprüfen bietet die Möglichkeit Optimierungen mit Hilfe der Digitalisierung zu entdecken und damit dem Wettbewerb eine Spur vorauszubleiben. Hiermit erst dann anzufangen, wenn entsprechende Aktivitäten der Konkurrenz sicht- und wirksam werden, kann sich als gefährliche Strategie erweisen.

Es gibt für fast alles im Bereich der Digitalisierung kompetente Lösungsanbieter. Jedoch sind mir bislang noch keine funktionierenden umfassenden Standardlösungen bekannt. So individuell das eigene Geschäft ist, so individuell wird auch die Lösung sein. Digitale Transformation ist ein komplexes Thema. Jede Lösung muss individuell entwickelt und eingeführt werden. Sie basiert auf dem entwickelten Modell und ergänzenden Modifikationen, die durch die Digitalisierung möglich werden. Die digitale Transformation ist immer ein unternehmensweiter umfassender Prozess, der eine präzise Standortbestimmung mit genauer Analyse von Situation und Bedarf voraussetzt. Auf der anderen Seite lässt sich die hohe Komplexität dieses Prozesses in Einzelprojekte aufteilen, die schnell erste Ergebnisse zeigen können. Mit diesen Ergebnissen wird es möglich auch Skeptiker „ins Boot“ zu holen. Digitalisierung ist nur in zweiter Linie eine Frage der Auswahl der richtigen Technologie. In erster Linie ist sie eine Frage der menschlichen Veränderungsbereitschaft. Dieses darf an keiner Stelle übersehen werden. Um diese Veränderungsbereitschaft im Unternehmen zu erhalten ist es besser die Mitarbeiter bei der Entwicklung der Lösungen einzubinden, anstatt die Lösungen aufzuoktroyieren.

Felder

Zu Beginn einer Digitalisierungskampagne ist zunächst eine Standortbestimmung erforderlich. Wo stehe ich, wo stehen meiner Wettbewerber, wie verändern sich die Märkte, was sind meine Ziele? Zu analysieren sind ggf. u.a.:
    • Marketing und Sales
    • Entwicklung und Konstruktion
    • Supply-chain
    • Finanzen und Verwaltung
    • Produktion
    • Projektmanagement
    • Aufbau- und Ablauforganisation.
Über KPI’s, die zum neuen Geschäftsmodell passen, lässt sich die eigene Position im Vergleich zu Wettbewerbern, zu Branchenstandards oder im Gesamtmarkt bestimmen. Darauf basierend werden die ersten Verbesserungspotentiale ermittelt und die notwendigen Zukunftsstrategien entwickelt.

Es ist Chefsache

Die digitale Transformation sollte Chefsache sein. Nur dann kann sie gelingen. Um dieses deutlich zu machen, kann die  Implementierung eines CDO als Leiter dieser Transformation hilfreich sein. Dabei folgt aus der Disruptivität und Volatilität der aktuellen Situation, dass der digitale Transfer zwar aus verschiedenen Projekten besteht, selber jedoch kein solches ist.

Sie ist ein Prozess, der mit Hilfe der im Rahmen dieses Prozesses bereits realisierten Lösungen für das Unternehmen quasi selbstbefruchtend ständig neue Möglichkeiten und Ansätze schafft, durch die das Unternehmen sich grundlegend verändert. Schwerpunkt ist dabei die Optimierung der Wertschöpfungskette und deren Steuerung. Auch wenn alle Unternehmensbereiche einbezogen werden müssen, so wird eine digitaler Transformation in Teilprojekten unterschiedlicher Prioritäten umgesetzt. Sicherlich wird nach anfänglich hoher Dynamik dieser Prozess nach und nach in eine scheinbar langsamere Phase übergehen, um danach Routine zu werden. Damit die anfängliche Umstellung im Unternehmen keine unendliche Geschichte wird, ist es wichtig, den gesamten Prozess von routinierten Experten durchführen zu lassen und ihn mit fundierten Analysen und Kennzahlen zu unterlegen, um Ziele, Stand und Fortschritt nicht aus den Augen zu verlieren.

Die Rolle des Kunden

Im Mittelpunkt jeder digitalen Transformation steht immer der Kunde mit seinem Bedarf. Er wird interaktiv in Ihre Abläufe sowie in die Produktion eingebunden. Kunden geben Feedback, entwickeln an Ihren Produkten mit, bestimmen Ihre Anforderungen. Hierdurch können sich einzigartige Kundenbeziehungen und auch ganz neue Kundensegmente erschließen lassen.  

FAZIT

Corona hat uns gezwungen die Möglichkeiten der Digitalisierung wahrzunehmen. Corona hat Veränderungen beschleunigt, die bereits begonnen hatten. Diese Veränderungen werden nicht wieder verschwinden. Die digitale Transformation bietet Möglichkeiten darauf zu reagieren. Sie ermöglicht einen umfassender Change-Prozess im Unternehmen. Die Verantwortung dafür trägt das Management. Die Transformationsorganisation sollte einen hohen Stellenwert haben und unabhängig vom Tagesgeschäft sein, jedoch den Kontakt zu diesem nicht verlieren. Erfolgreich digital transformierte Unternehmen werden zukünftige neue Projekte auf mögliche digitale Optimierungspotenziale überprüfen und die Möglichkeiten nutzen. Der Kunde wird dabei Kern Ihrer zukünftigen Prozesse sein und dieses wertschätzen. Wenn noch nicht begonnen, so sind die Indikation eindeutig. Kein Unternehmen sollte sich diesem verweigern, wenn es eine langfristige Perspektive haben will.

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