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Projektsanierung durch Externe?

Eike Eilks, Interim Manager, Berater und Coach

Projekte in kritischen Situationen zeichnen sich durch zwei Aspekte aus:

    • Ihre Ressourcenreserven sind weitestgehend aufgebraucht. Dieses betrifft immer die Kernressource Zeit, meist aber auch den Etat und besonders die menschlichen Leistungsreserven.
    • Meist liegen sowohl bei den beteiligten Mitarbeitern als auch im Management die Nerven bereits blank. Trotz vordergründig hohen Engagement ist der reale Output oft gering.

Die Fähigkeiten eines guten und erfahrenen Projektleiters reichen in solchen Situationen meist nicht aus. Für einen unternehmensinternen Projektleiter wird die Situation zusätzlich erschwert, da dieser neben den Schwierigkeiten des eigentlichen Projektes zusätzlich in viele Aspekte und Interessen seines Umfeldes eingebunden ist. Das Feld der zu berücksichtigen Faktoren ist für ihn erheblich komplexer. (Hintergründe finden Sie im meinem Blog „Systemisches Projektmanagement“)

Projektsanierung von Extern? Ja, bitte!

8 Kernanforderungen an einen Projektsanierer

Welche Ressourcen machen eine Projektsanierung schwierig? Oder ander ausgedrückt: Welche Anforderungen werden an einen guten Projektsanierer gestellt? Was muss er leisten, um Projekte in kritischer Situation wirkungsvoll sanieren zu können?

1.       Zeit

Die im Regelfall kritischste Ressource von Projekten ist die Zeit. In vielen Unternehmen erfolgt das Controlling des Fortschritts von Projekten über den Kostenzulauf anstatt auf Basis der noch zu erbringenden Leistungen. Dieses hat zur Folge, dass oft erst sehr spät erkannt wird, dass das Projekt in eine kritische Situation geraten ist.Zeit ist eine knappe Resource

Der Projektsanierer muss also in der Lage sein, sich in sehr kurzer Zeit einzuarbeiten und schnell beginnen auf das Projekt Einfluss zu nehmen.

Dabei steht das Verständnis für den Projektführungskontext im Vordergrund. Eine Branchenaffinität ist dazu nicht zwingend. Branchenkenntnisse sollten im Projektteam und im Unternehmen ausreichend vorhanden sein.

2.       Kompetenzen

Projektsanierung benötigt absolute Könner mit sehr hoher methodischer Kompetenz, die weit über das Wissen um die klassischen Projektmanagementsystematiken hinausgehen. Wo Zeit knapp ist, fehlt oft auch die Zeit für eine neue tiefgehende Planung. Da die Dynamik im kritischen Projekt ohnehin oft hoch ist, bieten sich auch im klassischen Umfeld punktuell agile Ansätze an, um eine Kurskorrektur zu entwickeln und anzustoßen.Viele Kompetenzen sind erforderlich

Der Sanierer sollte also in der klassischen, wie in der agilen Projektwelt zu Hause sein. Das heißt, er kennt nicht nur beide Welten, sondern versteht sie und ist in der Lage, beide Welten zu verschmelzen und bedarfsgerecht anzupassen.

Darüber hinaus ist auch die Fähigkeit für das systemische Verständnis des Projektteams wichtig. Hier sind oft viele Ursachen zu finden.

3.       Erfahrung

Projektsanierung benötigt kurzfristig wirksame Maßnahmen, um erste Veränderungen schnell herbeizuführen. Dieses ist notwendig, um das Projektteam mitzunehmen. Dabei sind anstatt der Ursachen der Fehlentwicklung zunächst nur die Auswirkungen verfügbar. Um auf dieser Basis wirksame Maßnahmen einzuleiten ist viel Erfahrung erforderlich.

Dennoch muss vermieden werden, dass sich die Ursachen erneut negativ auswirken. Eine Ursachenforschung auf der Sachebene ist also dennoch notwendig. Hier ermöglicht die Erfahrung einen sicheren Blick für die tiefergehenden Ursachen. Die Indikationen an der Oberfläche zeigen oft nur die Auswirkungen der Ursachen auf.

4.       Stakeholder

Wer hat Ziele im Projekt ?

Im Bereich des Stakeholder Management können oft viele Ressourcen für das Projekt zurückgewonnen werden. Wird ein Projekt als kritisch erkannt, differieren die Interessen der meisten Stakeholder schnell. Die Anforderungen entwickeln sich in verschiedene Richtungen und erzeugen zusätzlichen Aufwand.

Um diese wieder auf das Ziel hin zu bündeln sind ausgeprägte Fähigkeiten im Bereich der Moderation erforderlich, die auch Strategien im Bereich der Konfliktlösung umfassen. Ein gut ausgebildeter Team-Coach oder Mediator ist hier Gold wert.

5.       Führungsstärke

Krisenprojekte zerren an den Nerven der Mitarbeiter. Oft wird der Anteil der auf das Ziel hinwirkenden Arbeit zugunsten von Reporting-Tätigkeiten für das Management reduziert, da das Vertrauen in die Projektleitung beschädigt ist.
Führung ist eine KernkompetenzSolche Tätigkeiten sind jedoch dem Team schwer zu vermitteln. In schwieriger Situation fühlt sich das Team zusätzlich belastet. Die individuelle Leistung erscheint weniger zielführend, der Sinn der Arbeit und das Engagements des einzelnen Mitarbeiters reduzieren sich. Die Nerven liegen blank.

Um in einer solchen Situation das Projekt weiter voranzubringen, benötigt der Projektsanierer außerordentliche Führungsstärke,  Empathie und viel Menschenkenntnis, die er nicht nur innerhalb des Teams einsetzt, sondern auch in Richtung Management, Kunden und Lieferanten nutzt.

6.       Veränderungen

In Krisenprojekten kann es kein „Weiter So“ geben. Um die Krise zu beenden sind Veränderungen bei allen Beteiligten erforderlich. Ein guter Projektsanierer sollte daher auch ein guter Change-Manager sein.

Veränderungen sind zwingend. Schnell !

Solche Veränderungen betreffen nicht nur das Team und sein Unternehmensumfeld, sondern auch die Bereiche Lieferantenmanagement und Vertragsmanagement. Um hier eine gute Position zu haben ist ein professionelles Claim-Management durch das Projektteam erforderlich. Meist wurde dieses jedoch auf dem Weg in die Krise vernachlässigt, so dass der Sanierer auch hier aktiv werden muss.

7.       De Jure

Auch juristische Erfahrung ist hilfreichIst ein Projekt in die Krise geraten, beginnen schnell verschiedene Stakeholder, intern wie extern, ihren Interessensclaim gegenüber dem Projekt abzustecken. Um deren Position bewerten zu können, ist eine fundierte Beurteilung der vertragsrechtlichen Situation erforderlich.

Ein gutes juristisches Verständnis hinsichtlich Vertragsauslegung und ggf. Neugestaltung ist hilfreich. Wichtig dabei sind oft Details, die den Weg in eine Eignung behindern oder erst ermöglichen. Aber auch das Wissen um wirtschaftskulturelle Aspekte im Markt des Kunden sind ein wesentlicher Erfolgsfaktor.

8.       Unabhängigkeit

Die Ursachen für schlechtlaufende Projekte liegen selten ausschließlich im Projektteam. Insbesondere kritische Projekte haben immer auch Ursachen in dem Umfeld, in das sie eingebettet sind. Um eine Projektsanierung mit einem nachhaltigen Ergebnis abzuschließen, müssen auch im Umfeld Veränderungen stattfinden. Diese Veränderungen betreffen im Regelfall alle Ebenen des Unternehmens.

Um aber auch gegenüber der Unternehmensleitung ungeliebte Wahrheiten klar verständlich und eindeutig kommunizieren zu können und Veränderungen einzufordern, braucht es einen sturmerprobten Projektsanierer mit einem breiten Kreuz, der einen von Eigeninteressen  unabhängigen Standpunkt vertreten kann.

Ein Vergleich

Der interne Projektleiter

Insbesondere die Kernanforderung Unabhängigkeit ist für einen internen Projektleiter nur sehr selten verfügbar. Nach Abschluss des Projektes verbleibt er als Mitarbeiter im Unternehmen, ebenso wie das von ihm „beschädigte Geschirr“. Er wird also in Hinblick auf seine Eigeninteressen in seinem Handeln und seiner Kommunikation sehr diplomatisch sein. Zusätzlich wird seine Leistung oft an Zielen gemessen, die ihm von seinem Vorgesetzten vorgegeben sind. Diese entsprechen jedoch nur selten dem Bedarf des kritischen Projektes.

Projekte sollten intern geführt werden, Krisenprojekte nicht.Die Aufforderung eines Vorgesetzten an seinen Mitarbeiter „klar, direkt und ungeschönt“ die Wahrheit über die Situation im Projekt, über die Ursachen und über die Rolle der Vorgesetzten oder der Leitung auszusprechen ist zwar meist ehrlich gemeint, ebenso wie das Versprechen, dass die Aussage keine negativen Folgen für den Mitarbeiter haben wird.

Erfolgt eine solche „klare, offene und ehrliche“ Kritik, verbleiben bei den Kritisierten dennoch emotionale Verletzungen, die langfristig wirken. Dem Mitarbeiter wurde mit dieser Aufforderung temporär eine Position in der sozialen Struktur zugewiesen, die ihm aus systemischer Sicht nicht gehört. Er kommt unverschuldet in eine Zwangslage, die er nur über sehr diplomatisches Verhalten schadlos verlassen kann.

Hinzu kommt: Die Mitarbeiter des Unternehmens durchlaufen in ihrer Karriere Weiterbildungen, die sich am Weltbild des Unternehmens orientieren. Damit reproduziert sich die vorherrschende Kultur und Weltsicht des Unternehmens. So wird man in einem sehr traditionell organisierten und arbeitenden Unternehmen viele Gründe kennen, warum agiles Arbeiten nicht geht. Damit entfällt auch die Bereitschaft Weiterbildung in diese Richtung zu finanzieren, ebenso wie die Bereitschaft diese Ansätze auszuprobieren.

Interim-Manager als Projektsanierer

Dieser Problematik unterliegt der externe Sanierer nicht. Er ist gekommen, um zu gehen. Und damit werden ihm bei seinen Vorschlägen, Aussagen und Initiativen auch keine Eigeninteressen unterstellt.

In Krisen sind externe erfahrene und sturmerprobte Projektleiter von Vorteil.Er ist frei von historischen Vorbesetzungen und vermeintlichem systeminternen Wissen, ebenso wie von persönlichen Netzen im Unternehmen, die seine Handlungsoptionen einschränken. Da er keine langfristigen Intensionen im Unternehmen hat, kann er unabhängig agieren und kommunizieren und auch Themen ansprechen, die für einzelne schmerzhaft sind, da sie z.B. am eigenen Selbstbild kratzen.

Seine Erfahrungen stammen aus vielen unterschiedlichen Unternehmen und sind damit sehr breit gefächert. Die Weiterbildung von Interim-Managern orientiert sich an neuen Entwicklungen und den Marktanforderungen, nicht aber an einer vorhandenen Unternehmenskultur.

Fazit:

Projekte sollten von gut ausgebildeten Mitarbeitern aus dem Unternehmen geleitet werden, denen ausreichende Freiräume zum Agieren und ausreichende Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Diese sind emotional für die Unternehmensziele motiviert. Ihre persönlichen Ziele überlappen sich mit diesen in einem weiten Bereich.

Damit sind die Voraussetzungen gegeben, Projekte erfolgreich zu führen und abzuschließen. Die Aufgabe der Projektleiter besteht darin, das Projektteam entlang der Planung zu führen, Abweichungen von der Planung zu erkennen und gegenzusteuern. Sie versuchen schwierige Situationen durch frühzeitige Intervention zu vermeiden und bringen das Projekt aus den schwierigen Situationen zurück auf den geplanten Weg. Das genau ist ihr Tagesgeschäft und ihre Aufgabe, in die sie ihre Kompetenzen einbringen.

Projekte geraten dann in kritische Situationen, wenn dieses nicht gelingt. Dabei sind die Ursachen irrelevant. Unabhängig davon, ob die Ursache für die kritische Situation

      • in der Kompetenz des Projektleiters,
      • in einer mangelhaften Ressourcenausstattung,
      • in fehlenden Freiräumen,
      • in dominierenden Einflüssen von außen
      • oder einfach in mangelhafter Wahrnehmung von Störfaktoren .

liegt, zeigt das Eintreten der kritischen Situation auf, dass im Unternehmen ein Defizit besteht.

Ich empfehle in solchen Fällen einen entsprechenden Experten von außen hinzuzuziehen, der entweder beratend und coachend den Projektleiter unterstützt oder mit diesem ein Projektleitungsteam bildet, dass das Projekt wieder aus der Krise herausführt. Dieser bietet den unabhängigen Blick und einen wesentlich größeren „Werkzeugkasten“, um die Situation zu korrigieren. Seine Einschätzung der Situation ist unabhängig von den Wünschen des Unternehmens, so dass gegebenenfalls die Projektziele nachverhandelt werden können.

Sind unangenehme Wahrheiten auszusprechen und unbeliebte Maßnahmen einzuleiten, so kann dieses von dem Externen wahrgenommen werden, ohne dass Mitarbeiter des Unternehmens Schaden nehmen.

Gerne können Sie mich zu diesem Thema ansprechen. Ich tausche mich gerne mit Ihnen dazu aus und unterstütze Sie bei Bedarf.

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