Verantwortung ohne Macht?
Projekte haben unterschiedliche Größen, unterschiedliche Komplexität und damit auch unterschiedliche Ansprüche an die Projektleitung und das zuständige Management.
Im Regelfall erhalten die Projektleiter eine Weisungsbefugnis über die ihrem Projekt zugeordneten Mitarbeiter. Eine disziplinare Funktion erhalten Sie nur selten, auch dispositive Aspekte bzgl. der innerhalb ihres Projektes eingesetzten Kollegen gehören selten zu den ihnen zugestandenen Kompetenzen. Oft endet diese schon bei der Urlaubsplanung. Einfluss auf die Personalentwicklung (z.B. hinsichtlich der Weiterbildungsplanung) haben sie offiziel nicht.
Dennoch krempeln sie die Ärmel hoch, organisieren und legen mit dem Blick auf das Ziel los, um mit ihrem Team das zu leisten, was von ihnen erwartet wird. Selten werden Projekte von den Ressourcen her üppig ausgestattet, Geld und Zeit sind meist knapp.
Konflikte sind also vorprogrammiert. Und wenn diese eintreten, dann treten die Grenzen durch die ihnen zugestanden Führungsmöglichkeiten schnell zu Tage.
Es stellt sich also die Frage: Brauchen Projektleiter disziplinare Rechte?
Neue Qualitäten sind gefragt.
Heute werden neue Qualitäten gefordert. Reserven in den Projetken sind begrenzt, auf der fachlichen Seite, ebenso wie in der Kapazität. Selbst wenn man wollte, fachlich kompetente neue Mitarbeiter sind selten verfügbar. Sie fehlen in fast allen Fachrichtungen
Um weiter zu kommen sind die Projektleiter gefordert, die die Position des Weisungsbefugten verlassen und mit den Menschen arbeiten, anstatt diese zu verwalten. Dieses betrifft nicht nur die Teammitglieder, sondern alle Menschen, die Einfluss auf das Projekt haben.
Was ist die Kernaufgabe?
Der Projektleiter ist heute nicht mehr der beste Fachmann oder der erfahrenste Experte, wie man es in der Vergangenheit gerne gesehen hatte. In der neuen Rolle ist er der Manager des großen Ganzen. Er versteht die Strukturen und Bedürfnisse. (siehe: Projektrealität) Er agiert auf Augenhöhe mit seinem Team und übernimmt die Verantwortung insbesondere dafür, dass Informationen vorhanden sind und fließen, so dass die Teammitglieder und die Stakeholder das Gefühl haben, eingebunden zu sein und ernst genommen zu werden. Das schafft Vertrauen und Transparenz und das individuelle Gefühl von Wertschätzung.
Solche Teams sind intrinsisch kreativ und innovativ. Sie entlasten den Projektleiter und erreichen meist das maximal Mögliche. Solche Teams werden von Führungskräfte geführt, die sich als Coach ihres Teams verstehen, als „Primus inter Pares“. Damit ist die Führungsrolle klar, aber sie basiert auf Nähe, anstatt auf Distanz.
Die offene Frage: Lateral oder diszplinar ?
Projekte, die überkritisch knapp mit Resourcen ausgestattet sind, können auch mit optimaler Führung nicht davor bewahrt werden, in Schwierigkeiten zu geraten.
Die richtige Führungskultur kann aber den Ressourcenbedarf klein halten und Resilienz für Unvorhergesehenes schaffen. Die richtige Führungskultur geht dabei über das Projekt hinaus und betrifft auch die Managementebenen, in die das Projekt eingebettet ist. Auch dort ist Vertrauen eine wesentliche Quelle für Erfolg.
Projektleiter sind heute meist Manager in einem volatilen Umfeld. Mehr formelle Macht kann hier nur kurzfrisitg helfen, wird langfristig aber kontraproduktiv sein, da sie Distanz schafft und sich Dysfunktionen im Team unter dem Deckel solcher Macht verstecken, wachsen und wirken.
Besser ist es den Projektleitern den Spielraum einzuräumen, den sie benötigen, um sich eine eigene auf persönliche Authorität basierende Macht- und Führungsposition aufbauen können und diese dabei zu unterstützen. Fehlen hierzu notwendige Fähigkeiten, so helfen entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen.
Siehe auch: Die Rolle von Projekten im Unternehmen