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Führen auf Distanz – Ist ein neuer Führungsstil erforderlich?

Eike Eilks, Interim Manager, Berater und Coach

Brauchen wir neue Führungsstile im Schatten der digitalen Veränderung?

Die vorherrschenden Führungsmodelle ließen sich bis in die 90ziger Jahre in 4 Quadranten eingruppieren, die sich je nach Aufgabenart und Mitarbeiter (bzw. nach Beziehung) unterschieden. (Auf diese Modelle möchte ich hier nicht tiefer eingehen. Für mehr Informationen verweise ich auf die Ansätze von Kurt Lewin sowie auf das Managerial Grid nach Robert A. Blake und Jane Mouton und weiteren.)

Die vier Quadranten

Entsprechend dieser Quadranten wurden grob vier Führungsstilansätze und ihre Umsetzung beschrieben. Diese folgten der gesellschaftlichen Entwicklungen insbesondere seit dem zweiten Weltkrieg. Diesen Veränderungen folgend wurden die verschiedenen Stile zum Zeitpunkt ihres Aufkommens in der öffentlichen Diskussion als modern favorisiert und als Stil der Wahl in den Vordergrund gestellt.

Dennoch existierten und existieren alle Führungsstile parallel weiter und sind mehr oder minder wirkungsvoll. Die Unternehmen fordern den jeweils zu ihrer Kultur passenden Führungsstil von ihren Führungskräften ein und fördern diesen in Form von Weiterbildung und im Beurteilungswesen. Dieses hatte zur Folge, dass bei der Auswahl der Mitarbeiter unbewusst eine Konformität zum favorisierten Führungsstil versucht wurde.

Veränderungen

Mit Beginn der 90-ziger Jahre veränderte sich die Diskussion, indem das Bewusstsein in den Vordergrund drang, dass sich ein idealer Führungsstil situationsabhängig und individuell aufgrund mehrerer Faktoren ergibt. Diese sind neben konkreter Aufgabe, Fähigkeiten der Mitarbeiter, Ziele und Umfeld viele weitere. Die Faktoren begannen zunehmend volatil zu werden. Als Reaktion darauf wurde der sogenannte situative Führungsstil abgeleitet. Je nach Situation und Bedarf verhält sich die Führungskraft entsprechend. Dieses ist jedoch defacto kein eigenständiger Stil und kann, da oft falsch verstanden, zu fehlender Orientierung führen.

Seit ca. 15 Jahren etablierte sich langsam, scheinbar als Weiterentwicklung des „situativen“ Führens, das „Mitarbeitercoaching“ als ein neuer Führungsstil. Die Mitarbeiter erlangen eine größere Mündigkeit und werden angehalten Verantwortung für Aufgabe und Unternehmen zu übernehmen.

Die dritte Dimension

Alle bisherigen Stile wurden anhand der angesprochenen zwei Faktoren, der Aufgaben- und der Beziehungsorientierung, klassifiziert. Mit der Notwendigkeit, Führung auf Distanz leisten zu können, beginnt sich eine dritte Dimension, die der Kommunikation, in den Vordergrund zu schieben.

Wie schon im zweiten Teil dieser Serie angesprochen verändert sich die Wirkung von Kommunikation und damit die Wirkung der üblichen Führungswerkzeuge durch das Nutzen von elektronischen Medien.

In der Folge müsste die Führungskraft in identischer Situation und bei identischer Intension unterschiedliche Stilformen anwenden, je nachdem, ob er in persönlicher Präsenz, via Video oder über das Telefon in Kontakt mit dem Mitarbeiter steht. Dieses unterschiedliche Verhalten kann den Mitarbeiter verwirren. Ob das jeweils meist intuitiv gewählte Verhalten in der Kommunikation das richtige ist, zeigt sich aufgrund der unterschiedlichen Qualität des Feedbacks oft erst später. Die Rückkopplung über die Wirkung der Führungselemente erfolgt in einer hybriden Welt nicht mehr direkt. Eine enge Führung ist so schwierig.

Ein Beispiel: Ein Vorfall hat zur Notwendigkeit eines spezifischen auf diesen Vorfall fokussierten Gespräches geführt. Die Führungskraft hatte die Gelegenheit dieses Gespräch direkt vor Ort durchzuführen. Es wurde von beiden Seiten als konstruktiv wahrgenommen. Aufgrund der vorherrschenden Distanz in der Führung erhält die Führungskraft aber nur wenige Indikationen darüber, ob eine Veränderung im Verhalten des Mitarbeiters stattfand. Und die Interpretation der Indikationen und der Situation ist also offen.

Was ist zu beachten: In einer hybriden Umgebung macht es einen Unterschied, ob das Gespräch vis-a-vis oder via Web stattfindet. Dabei ist die durch die Form gegebene Interpretation offen. War die Führungskraft zufällig vor Ort oder wegen des Vorfalls? War die Form des persönlichen Gespräches ein „kumpelhafter, freundlicher“  Hinweis oder eine „letzte“ Warnung. Warum erhält die Führungskraft keine oder nur wenig Rückmeldung? Gibt es zu wenige Kommunikationsfenster oder ist alles in Ordnung?

In einem klassischen Führungssetup finden solche Gespräche immer im gleichen Rahmen statt und die notwendigen Indikationen werden im Anschluß über die üblichen Kanäle eingeholt.Die bisherigen Formen der Führungsstile verursachen im hybriden Setup Probleme. Sie sind in Zeiten entstanden, in denen zwischen Mitarbeitenden und Führungskräften immer ein direkter Kontakt bestand und sie benötigen diesen für eine funktionierende Führung.

Ein neuer Führungsstil wird also benötigt. Und dieser hat sich bereits aus den Anforderungen der VUCA-Welt etabliert.

Coaching als Führungsstil


Coaching als Führungsstil leitet sich aus dem Mannschaftsport ab. Der Coach/Trainer ist einer der relevantesten Mitglieder des Teams und er hat das Team zu führen. Am eigentlichen Spiel jedoch ist er nur mittelbar beteiligt. Er setzt vor dem Spiel die Rahmenbedingungen und gibt Ziele und Strategie für das Spiel und die Saison vor. Seine Möglichkeiten in das Spiel einzugreifen sind begrenzt. Der Ansatz des „Coachings“ beinhaltet schon vom Modell her die Distanz, die nun durch die technischen Möglichkeiten auch erzwungen wird.

Ein guter Trainer macht seine Funktion für den Zeitraum während des Spieles weitgehend überflüssig. Er emanzipiert die Spieler und überträgt die Verantwortung für das Geschehen auf dem Spielfeld und für das Teamergebnis an diese, ohne sich dabei aus der Verantwortung zu stehlen. In einem so geführten Team übernehmen die Spieler sowohl die Verantwortung für ihre individuelle Aufgabe, vor allem aber auch für das Gesamtergebnis. Sie agieren agil und sind in der Lage auf Disruptionen zu reagieren.

Das gilt für Teams in der Wirtschaft genauso. Wir brauchen also ein neues Menschenbild unsere Mitarbeiter betreffend, dass mit einem neuen Führungsverhalten und einem neuen Selbstverständnis einhergeht. Auf Dauer werden unsere Unternehmen nur bestehen, wenn sie es schaffen echte Teams zu bilden, in denen sich jeder seiner Aufgabe, aber auch den Unternehmenszielen bewusst ist und in denen die Teammitglieder in diesem Sinne mit einem hohen Maß an Autarkie handeln.

Diese Veränderung zu erreichen ist eine wesentliche Aufgabe für heutige Führungskräfte.

Gerne stehe ich Ihnen bei dieser Aufgabe mit Rat und Tat zur Seite.

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