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Projekte und Verzug – Ein Synonym?

Eike Eilks, Interim Manager, Berater und Coach

Recherchen in den Sozialen Medien und in der Literatur, der Austausch mit Mitarbeitern und Führungskräften, aber auch meine eigene Erfahrung sagen übereinstimmend aus, dass der termingerechte Abschluss von Projekten eher die Ausnahme als der Regelfall ist.

Das gilt leider auch für Unternehmen, die Ihren Schwerpunkt im Projektgeschäft haben, bei denen man also davon ausgehen sollte, dass diese ihre Projektabwicklung sehr professionell durchführen.

Warum ist das so, bzw. muss das so sein? Wo liegen die Ursachen?

In meiner neuen Beitragsserie möchte ich mich diesen Fragen widmen und Alternativen aufzeigen.

Klassische Ansätze


Wenn man mit Kollegen spricht, die an Projekten beteiligt sind, so fällt eines auf. Auch wenn die Gründe, warum Projekte den Terminplan reißen, vielfältig sind, haben sie haben doch eines gemeinsam. Die Ursachen liegen immer außerhalb des Projektes, damit liegt auch die Verantwortung immer außerhalb des Projektteams oder des verantwortlichen Managements.

Ist also vor allem Mr. Murphy schuld?

Projekte zeichnen sich dadurch aus, dass man zwar weiß, was das Ziel des Projektes ist und wofür es gebraucht wird, jedoch sind Weg, detailierter Inhalt und meist auch das Ziel nicht genau bekannt. Projekte werden also in einem Rahmen abgewickelt, der von Vermutungen, Annahmen und Unsicherheit geprägt wird.

 

Zur ihrer Abwicklung benötigen die Projekte Zeit. In Laufe dieser Zeit verändern sich Dinge, die für das Projekt relevant sind, auch entstehen neue Einflüsse, die auf das Projekt einwirken. Die VUCA Welt ist inzwischen zweifelsfrei Realität. Die Anzahl der projektrelevanten Veränderungen und Einflüsse, die im Laufe eines Projektes zu berücksichtigen sind, haben in den letzten Jahrzehnten zu genommen. Sie sind disruptiver und wirken sich stärker aus.

Außerdem steigt die Komplexität der Technik und der Prozesse. Mr. Murphy mit seinem Gesetz hat also heute deutlich mehr Gelegenheit im Projekt herum zu spuken.

Sind damit die Gründe schon dargelegt?

Und wenn dem so wäre, haben wir das zu akzeptieren? Ist die Realität mit der wir leben müssen?

Wenn ein Kunde bei einem Automobilhersteller einen individuell ausgestatteten Mittelklasse PKW in einer spezifischen Farbe bestellt, dann ist mit der Bestellung alles klar. Der Hersteller plant die Produktion dieses Fahrzeugs ein und beginnt mit der Arbeit.


Ist das ein Projekt? Mitnichten. Der Hersteller kennt alles Material, dass er braucht und im Regelfall, falls nötig, auch die Lieferzeiten seiner Sublieferanten. Alles ist Routine und außer Naturkatastrophen und Streiks gibt es wenig, dass auf den weiteren Prozess der Produktion und Auslieferung Einfluss nehmen kann. Eine komfortable Situation, in der der Hersteller relativ genau sagen kann, wann das Fahrzeug übergeben wird. Und wenn der Termin nicht gehalten wird…, nun ja, haben Sie schon mal versucht Ihren Händler zu einer Pönale zu bewegen?

(Und bitte: Der aktuelle Engpass in der Lieferung von Chips für die Fahrzeuge ist in der VUCA-Welt bedingt, jedoch liegt es auch an Fehlentscheidungen verschiedener Hersteller, die sich hinsichtliche ihrer Lagerhaltung überoptimiert und verbindlicher Lieferverträge vermieden haben. Nicht alle Hersteller sind gleich stark von diesem Problem betroffen) 

Im Projekt sind diese Dinge dagegen invers zum beschriebenen Geschäftsmodell. Der Liefertermin liegt fest, das Ziel in etwa, jedoch nicht genau und der Materialbedarf sowie Prozesse müssen erst entwickelt und festgelegt werden. Wie stellen also fest: Genau wissen wir nur, dass es vieles gibt, dass wir nicht wissen, das aber für unser Projekt relevant ist und das es beeinflussen wird.

Bekannt soweit

Nun gut, es ist ja nicht unser erstes Projekt. Wir sollten also in der Lage sein schon bei der Planung Vorsorge zu treffen. Die Mittel hierzu kennen wir in Form von Puffern und dem Risikomanagement. In der Abwicklung sollten wir ein stringentes Controlling nutzen, wobei der Fokus auf der Erfassung von Fakten und dem Steuern des zukünftigen Projektverlaufs liegt. (Über die Schädlichkeit des Aufwandes für Ursachenforschung, Schuldzuschreibungen und der Sanktionierung von Fehlentscheidungen möchte ich hier nicht referieren)

Unter schwierigen Umständen ist das insbesondere für jüngere und unerfahrene Projektleiter eine Herausforderung. Auf der anderen Seite haben wir erfahrene Kollegen, die sie unterstützen und nicht zu vernachlässigen sind die vielen modernen Werkzeuge, die uns bei der Aufgabe helfen.

Vorausgesetzt wir wissen, wie…  und wir dürfen das Richtige tun.

Risikomanagement.

Fangen wir mit den Risiken an. Wie setze ich ein gutes Risikomanagement auf? Welche Risiken sind in meinem Projekt angelegt? Welche Risiken erfasse ich davon? Welche Einflüsse sind von außen zu erwarten? Und wer kennt die relevanten „Schwarzen Schwäne“ und kann diese beurteilen?


Und dann natürlich Mr. Murphy: Was wird wahrscheinlich schief gehen? Wie kann ich das absichern, Wie viel Zeit muss ich für korrektive Maßnahmen einplanen?

Wenn ein erfahrener Projektleiter, der schon eine größere Anzahl an Projekten abgewickelt hat, ein solches Projekt plant, dann sollte er über entsprechende Erfahrungen verfügen und fähig sein, diese Fragen zu beantworten. Er müsste in der Lage sein, realistische Werte in seine Planung einfließen zu lassen.

Wenn er denn dürfte!

In vielen Unternehmen, insbesondere im projektgetriebenen Geschäft, haben Projekte drei Vorgabequellen:

  • Der Umfang und Inhalt, festgelegt durch den Kunden
  • Der Endtermin, festgelegt durch den Vertrag
  • Das Ressourcenvolumen, festgelegt durch den ausgehandelten Preis abzüglich des vom Management gewünschten Ergebnisses.

Wo ist hier der Projektleiter mit seiner Planung, seinen realistischen Abschätzungen und den aus seiner Sicht notwendigen Reserven? Dennoch wird erwartet, dass er sein Projekt termingerecht, in Kosten und mit einem zufriedenen Kunden abschließt.

Die andere Seite

Unternehmen leben von Kunden und deren Aufträgen. Das gilt besonders für projektgetriebene Unternehmen, die über keinen repetitiven Markt für fertige Produkte verfügen. Mit Abschluss eines Projektes sollte das Anschlussprojekt bereits im Hause sein.

Diese Seite liegt in der Verantwortung des Vertriebs. Gute Vertriebsmitarbeiter wissen, was für ein bestimmtes Produkt, für eine Lösung oder für eine bestimmte Dienstleistung am Markt in etwa bezahlt wird. Es ist ihre Aufgabe die Aufträge zum maximalen Ergebnis des Unternehmens abzuschließen.

Dabei sind Preis und Leistungsumfang oft nicht die einzigen zu berücksichtigen Kriterien. Auch eine langfristige Kundenbindung, der Abschluss von Rahmenverträgen, die Sicherung oder der Ausbau von Marktanteilen oder der Aufbau stabiler persönlicher Beziehungen können wichtige Aspekte sein.


Nicht zuletzt kann es aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten in Zeiten geringer Nachfrage notwendig sein, auch Verträge über Projekte abzuschließen, die vom Ergebnis her wirtschaftlich nicht attraktiv sind.

Wenn die Alternative eine Auslastungslücke ist, dann kann es begrenzt sinnvoll sein, zumindest den Deckungsbeitrag zu erwirtschaften. Die Alternative hieße „Personalabbau“ und „Know-How Verlust“. Und nicht zuletzt: Der Auftrag, der meinen Deckungsbeitrag erwirtschaftet, fehlt meinen Mitbewerbern, in diesem Sinne meinen Konkurrenten.

Das geht natürlich nur zur Überbrückung eines begrenzten Zeitraumes und idealerweise als Beimischung zu einem wirtschaftlich attraktiven Auftragsbestand.

Dilemma

Wie haben also mehrere Dilemmata zwischen den vertrieblichen Anforderungen, dem Bedarf der Projekte und den wirtschaftlichen Zielen des Unternehmens. Wie schon angedeutet ist die Wirklichkeit leider noch komplexer. Konflikte zwischen den Interessen und Interessengruppen sind also vorprogrammiert.

Die Projekte sind jedoch der zentrale Ort der Wertschöpfung, so dass alle Interessen in irgendeiner Form auf das Projekt einwirken. Oder besser, wenn hier Probleme erzeugt werden, leiden alle. Es ist also sinnvoll, wenn nicht sogar notwendig die Projekte effizient und erfolgreich abzuwickeln. Das spricht die anderen Stakeholder jedoch nicht von ihrer Verantwort frei. Im Gegenteil muss jede Partei im Unternehmen die Projekte nach Möglichkeit unterstützen.

Dazu ist es aber auch gut zu verstehen, welche Mechanismen wirken, wie die verschiedenen Mitglieder und Stakeholder des Projektes damit umgehen, warum und welche Alternativen es gibt. Dieses ist Thema der mit diesem Beitrag begonnenen Serie über effiziente Projektabwicklung.

In der nächsten Folge beschäftige ich mich mit der Frage, wie Projekte vernünftig geplant werden sollten und welche Mechanismen dieses verhindern.

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